(M)ein Brief ans Christkind

Was wünschst Du Dir dieses Jahr vom Christkind? Einen E-Trolley? Ein neues Rescueholz? Oder ein paar Golfhandschuhe für die neue Saison? Keine Frage, solche Wünsche darf man durchaus äußern. Aber manchmal ist es gar nicht das Materielle, was zu Weihnachten zählt. Ich habe einen Brief an das Christkind im Golf-Himmel geschrieben. Mit meinen ganz persönlichen Wünschen. Und sollte das alles zu kompliziert sein für die Engelschar, wünsche ich mir eben doch den neuen Driver.

Liebes Christkind,

 

bald ist wieder Weihnachten. Früher habe ich Dir das Foto der Holzeisenbahn aus dem Spielzeug-Katalog ausgeschnitten, aufgeklebt und auf das Fensterbrett gelegt. Und in der Nacht, während ich tief und fest geschlafen habe, bist Du vorbeigehuscht. Ja, das waren noch Zeiten.

 

Inzwischen habe ich mit dem Golfen angefangen. Kennst Du das? Dieses Spiel, das einem jedes Mal aufs Neue den Verstand raubt? Es macht mir wirklich Spaß. Das musst Du unbedingt auch mal ausprobieren. Ohje, stimmt, das kannst Du ja gar nicht ausprobieren. Dein langes, weites weißes Kleid entspricht ja nicht der Etikette. Und barfuß darfst Du auch nicht auf den Platz. Schade!

 

Aber Du konntest doch früher immer jeden Wunsch irgendwo und irgendwie auftreiben. Vielleicht kannst Du Dir ja auch einen Golfausweis einfach so besorgen? Aber pass auf: Da muss so ein kleines goldenes Emblem drauf sein. Sonst bist Du schnell unten durch bei den Klubs. Wahrscheinlich wird Dich irgendjemand auf Deine Platzreife ansprechen. Da musst Du Dir keine Sorgen machen. Die kannst Du Dir inzwischen ganz einfach, schnell und billig im Internet besorgen. Ohne dafür auch nur ein einziges Mal einen Schläger in der Hand halten zu müssen. Ist das nicht toll? Konntest Du eigentlich auch gleich fliegen, ohne eine einzige Flugstunde genommen zu haben?

 

Weißt Du, liebes Christkind, eigentlich ist Golf ganz schön umständlich. Nicht nur die vielen Regeln. Mensch, wir können doch einen Deal abschließen: Ich verzichte heuer auf meine ganz großen Wünsche. Du brauchst mir kein neues Bag vorbeibringen und auch keinen neuen Driver unter den Weihnachtsbaum legen. Aber dafür musst Du meinen Lieblingssport einfach nur ein kleines bisschen attraktiver machen.

 

Liebes Christkind, ich wünsche mir doch bloß, dass sich manche Golfer auf dem Platz nur noch halb so wichtig nehmen und akzeptieren, dass es inzwischen auch jüngere Menschen gibt, die gerne diesem fantastischen Hobby nachgehen. Ich wünsche mir doch bloß, dass der eine oder andere endlich versteht, dass ich mich auf dem Platz nicht hetzen lassen will. Ach ja, und ich wünsche mir doch bloß, dass die Klubs ihre Beitragsstrukturen so überdenken und flexibel gestalten, dass ich nicht erst zwei Jahre sparen muss, um mir eine Mitgliedschaft leisten zu können. Das sagen meine Freunde nämlich auch immer. Weißt Du, ich mag nämlich diese billigen Angebote aus dem Internet eigentlich gar nicht. Ich will lieber, dass es meinem Heimatklub gutgeht.

 

Ich wünsche mir doch bloß, dass das mit diesen dummen Vorurteilen aufhört. Du weißt schon: Kaviarhäppchen, Champagner, dicker Geldbeutel und noch dickeres Auto. Habe ich alles nicht. Braucht man aber auch nicht. 

 

Ich will doch bloß, dass Eltern schon ihren Kindern vermitteln, was Golf für eine wahnsinnig schöne und spannende Freizeitbeschäftigung ist. Weißt Du, da bekommst Du nämlich keine blauen Flecken wie beim Fußball. Und Du musst Dir auch kein teures Pferd vorher kaufen. Ich wünsche mir, dass mein Sohn eines Tages auch in Deutschland Golf auf dem Stundenplan stehen hat und wir uns beim nächsten Ryder-Cup gegenseitig blau-gelbe Europa-Fahnen auf die Backen malen. Beim Public Viewing. Ja, liebes Christkind, alles das wünsche ich mir.

 

Und sollte Dir das irgendwie zu kompliziert sein, dann bring mir halt doch den neuen Driver vorbei.

 

Dein Stephan