Uriger Treffpunkt: Urban Golf in der Fabrikhalle

Klischees über Golfer gehen Didi Keller ziemlich auf die Nerven. Vor allem das Gerede von den Snobs. „Das geht echt gar nicht“, sagt der 36-Jährige, der das Motto Rock’n’hole lebt. Er ist in der Schweiz so etwas wie eine Golf-Ikone. Eine Urbangolf-Ikone. Keller hat Golf irgendwann vor knapp 20 Jahren auf einem Acker in seinem Heimatort Frauenfeld, knapp 40 Kilometer nordöstlich von Zürich, als seinen Lieblingssport entdeckt. Er fühlte sich in normalen Klubs aber nicht sonderlich wohl. Und das lag damals nicht nur an seinen Dreadlocks.

So gründete er eben kurzerhand seinen eigenen Golfklub: The Royal Urban Golf Club. Den ersten seiner Art in der Schweiz. Die Mitglieder sind in Kiesgruben, Industriezonen und mitten in der Stadt unterwegs. In erster Linie des Spaßes wegen. Doch bei aller Lässigkeit ist Keller eines wichtig: „Jeder, der bei uns mitspielt, sollte Respekt vor der Natur und den Passanten haben.“

 

Der erste Schnee ist in der Schweiz längst gefallen. Es ist frostig draußen. Aber die Urban Golfer um ihren Pionier Keller schreckt das kaum ab. Sie sind trotzdem unterwegs. „Wir nutzen unsere Almostgolfbälle als Nachtversion mit einem Knicklicht, da es meistens bereits dunkel ist, wenn wir Zeit zum Golfen haben“, erzählt der 36-Jährige. Im Winter haben sie seit einigen Jahren zudem eine neue Heimat gefunden: den Bernapark, nur 15 Minuten von Berns Stadtmitte entfernt. In den riesigen Hallen war früher eine Kartonfabrik untergebracht. Keller und seine Mitstreiter haben in Teilen des riesigen Industriekomplexes eine Indoor-Urban-Golf-Anlage eingerichtet. „Dort kann man sozusagen 24 Stunden rund um die Uhr zu jeder Jahreszeit spielen“, sagt er lachend.

Sonntags ist öffentlicher Spielbetrieb

Keller, der sein Hobby längst zum Beruf gemacht hat und als Eventmanager arbeitet, verbringt momentan viel Zeit im Bernapark. Unter der Woche organisiert er diverse Veranstaltungen, etwa Firmenevents, sonntags ist die Halle regelmäßig für alle geöffnet. Für Golfer und Nicht-Golfer, für Jung und Älter, für die ganze Familie. Immer von 10.30 bis 19.30 Uhr. Die Preise sind moderat: Erwachsene zahlen für 9 Löcher 17 Schweizer Franken, also umgerechnet knapp 15 Euro. Für den öffentlichen Spielbetrieb mussten die Macher aber auch diverse Auflagen erfüllen, zum Beispiel in punkto Sicherheit. Geländer wurden an den gefährlichen Stellen installiert. Den besonderen Charme haben die neun Spielbahnen (bei größeren Events kann auch auf zwölf Loch erweitert werden) trotzdem nicht verloren. Auf knapp 2500 Quadratmetern geht es quer durch Räume und Türen, über Treppen und Gänge. Keller: „Die Ziele sind jeweils echt Hingucker. Mal eine Waschmaschine, mal ein Geschirrtrockner.“ An manchen Stellen wähnt man sich als Golfer noch immer mitten in der Produktion. Dann zum Beispiel, wenn es über zwei Stockwerke durch ein großes Loch geht. Dort, wo früher einmal ein riesiger Trichter zum Bleichen des Papiers stand.


 

Fotos: Didi Keller