Training: Die Wahrheit liegt auf dem Platz

Ein Ball nach dem anderen rauscht hinaus. Weit hinaus. Der Driver funktioniert kerzengerade, beim Schlag mit dem Eisen segeln die kleinen weißen Kugeln wie an einer unsichtbaren Schnur gezogen Richtung 150-Meter-Markierung. Was will man mehr? Läuft bei mir? Ja, tut es! Aber nur auf der Driving-Range. Denn kaum geht's hinaus auf den Platz, lauern fast an jedem Grashalm, vor jedem Baum und Bunker Gefahren. Und schon ist der Lauf vorbei. Daniel Ortner-Bauer sagt daher: Gönn' Dir auch mal zwei Stunden mit dem Pro am Platz! Habe ich getan.

Ich habe Daniel, unseren neuen Alpengolfer-Pro, in seinem Klub in Ehrwald/Tirol besucht und mit ihm eine Runde auf dem 9-Loch-Platz des Golfclubs Tiroler Zugspitze gedreht. Ein Platz, der zwar überwiegend flach ist, aber trotzdem jede Menge knifflige Lagen und Entscheidungen bringt. Das sollte ich auch in den knapp zwei Stunden immer wieder erfahren.

Schlägerwahl und Grünanalyse

"Es geht ja nicht darum, dem Kunden durchgehend reinzuquatschen und in mit zu viel Input zu überfordern", sagt der 31-jährige Diplom-Golflehrer der PGA of Austria. Es komme vielmehr darauf an, in den richtigen Momenten die richtigen Hilfestellungen zu bieten. So wie bei mir zum ersten Mal an Bahn 2. Der Drive landet mitten im Bach, der das Fairway durchquert, der Drop gleitet ins tiefe Gras ab. Und jetzt? Meine Wahl wäre in diesem Fall mein Lieblings-Hybrid gewesen. Länge wollte ich machen, um nicht zu viel Boden auf dem Weg zum Grün zu verlieren. Ruhig zeigt mir Daniel die Lage des Balles genauestens auf. Ungünstig sei es, da mit dem Hybrid weiterzuspielen, der perfekte Schlag schier unmöglich. Lieblingsschläger zurück ins Bag, Eisen 7 raus und sicher hinüber auf die andere Seite des Bachs. Der Tipp des Pros war Gold wert. 

Der Golflehrer schaut geduldig zu, denkt sich wahrscheinlich ab und an seinen Teil und schweigt, analysiert aber dabei auch gleich das Spiel des Schülers. Wie sieht das Setup am Abschlag aus? Ist der Griff korrekt? Stimmt die Ausrichtung? Welche Flugkurve legt der Ball zurück? Mit welchen kleinen Tipps und Tricks können wertvolle Schläge künftig eingespart werden? Zum Beispiel beim Chippen. Das mache ich quasi schon fast intuitiv mit dem 56er-Wedge. Und wieder belehrt mich mein Begleiter eines Besseren. "Versuch's doch mal mit dem Pitchingwedge, vielleicht sogar mit dem 8er-Eisen", meint Daniel. Überreden will er seinen Mitspieler in Sachen Schlägerwahl freilich nicht. Alles kann, nichts muss! Ich probiere es trotzdem aus - und wieder läuft es besser als vorher. Ein Tipp, den ich sofort für künftige Entscheidungen abgespeichert habe. Ortner-Bauer sagt: "Es sind ja alles nur Empfehlungen. So eine Trainingsrunde mit dem Pro lässt die Möglichkeit offen, die eigene und meine Schlägerwahl auszuprobieren und die verschiedenen Ergebnisse miteinander zu vergleichen und zu besprechen."

Lob vom großen Meister

In den meisten Fällen nehmen die Kunden die Tipps des Trainers übrigens sehr wohl an. Das gilt auch für Strategie auf dem Platz. Beispielsweise bei der Vorbereitung zum Putten. Wie ist das bei Dir? Hast Du Dich auch schon einmal dabei ertappt, wie man, vertieft im Gespräch mit dem Flightpartner, plötzlich schon am Grün steht, ohne sich vorher irgendwelche Gedanken über Breaks, Wellen und Fahnenpositionen gemacht zu haben? Geht mir ehrlich gesagt ganz oft so. Dabei wäre es so einfach. "Man kann das Grün schon auf dem Weg dorthin genauer begutachten. Geht's zur Fahne hin bergauf oder bergab? Fällt das Grün nach links oder nach rechts? Steht die Fahne eher hinten oder in der Mitte? Vieles ist aus der Entfernung viel besser zu sehen als dann, wenn man schon mitten auf dem Grün steht", erklärt der Pro. Und wieder einmal hat er recht.

 

Ich kann eine solche lehrreiche Runde mit dem Pro auf dem Platz wärmstens empfehlen. Es ist gut investiertes Geld! Denn allzu oft ist man eben im gewöhnliche Trott gefangen, scheut womöglich das Risiko oder kommt erst gar nicht auf die Idee bei der 100. Runde etwas anders zu machen als bei den 99 zuvor. Manchmal ist es wichtig, jemanden zu haben, der den Blick in eine andere Richtung lenkt. Das ist nicht nur beim Golf so.

 

Zum Schluss des Tages habe ich übrigens an Bahn 9, einem langen Par 5, ein astreines Par gespielt. Drei saubere Schläge bis zum Grün, ein Chip an die Fahne und der gelungene, kurze Putt. So manchen guten Rat der Runde habe ich dabei beherzigt und umgesetzt - und dafür gab's dann sogar noch Lob vom Trainer.

Fotos: www.joergmette.de