Golf in St. Moritz: Geschichte und Geschichten

St. Moritz ist ein Mythos des Tourismus, der bekannteste Ferienort der Welt und einer der teuersten. An Superlativen mangelt es dort wahrlich nicht. Hier ist der Jetset zuhause, hier fließt der Champagner in Strömen, hier geht es ums Genießen. „Viva“ prosten sie sich in der Region zu. Es lebe das Leben! Der Geburtsort des Wintertourismus in den Alpen hat heute wohl die meisten Fünf-Sterne-Hotels. Aber: Es muss nicht immer Prunk sein. Es geht auch gemütlich und geerdet. Das habe ich selbst erlebt.

Das liegt nicht nur an der Höhenlage in knapp 1.800 Metern und den überdurchschnittlich vielen Sonnentagen. Seinen Ruf hat das knapp 5000-Seelen-Dorf vor allem dem Wintersport zu verdanken. Als Schauplatz zweier Olympischen Spiele in den Jahren 1928 und 1948 und vier alpinen Ski-Weltmeisterschaft. Aber auch im Sommer setzte St. Moritz Zeichen. Im Jahr 1889 wurde zum Beispiel das erste Golfturnier in den Alpen veranstaltet.

Die Bälle fliegen in der dünnen Bergluft weiter

Und bei Golfern aus aller Welt steht das Engadin nach wie vor hoch im Kurs. Der Engadin Golfclub ist der älteste Golfclub der Schweiz und einer der ersten auf dem europäischen Festland. 2018 wurde der 125. Geburtstag gefeiert. Eine Runde auf dem historischen 18-Loch-Platz in Samedan oder der erst 2003 eröffneten zweiten 18-Loch-Anlage im benachbarten Zuoz, ist ein zweifellos ein Erlebnis. Die Bälle fliegen in der dünnen Bergluft ein Stückchen weiter als normal, die Sonne brennt noch heißer vom Himmel. Und erst die Kulisse. Hier die mächtigen Gipfel der 3000er und der liebliche, kristallklare Bach, dort die farbenprächtigen Almwiesen und 700 Jahre alte Lärchen. Beide Plätze sind völlig unterschiedlich in ihrem Design und in ihren Geländeformen, Präzision ist auf beiden Anlagen gefragt. Vor allem dann, wenn ab den Mittagsstunden der Maloja-Wind auffrischt, der so typisch ist für diese Region. Da die Anlagen von einer gemeinsamen Gesellschaft, der Golf Engadin St. Moritz AG, geführt werden, können Turniere so eingeteilt werden, dass immer ein Platz für den allgemeinen Spielbetrieb frei bleibt – ganz im Sinne des Golf-Tourismus.


Golf in St. Moritz - eine Reise in Bildern


Geschichten gibt es hier gerade genug zu erzählen. Beispielsweise die Lieblingserinnerung von Adriano Testa, dem ehemaligen Vizepräsident des Engadin Golfclubs. Seine bislang spannendste Begegnung hatte er vor etwas über 35 Jahren, am 25. Juli 1981. Ein Turnier wollte Testa spielen, kam zum Abschlag und traf auf einen Herren mit rotem Handschuh und tiefer Stimme. Es war wie im James-Bond-Klassiker „Goldfinger“, in dem Sean Connery zu einem Golfmatch gegen Gert Fröbe antritt. Und dann habe er gemerkt, erzählt Testa schmunzelnd, dass er im Foursome dieses Turniers in St. Moritz tatsächlich mit dem berühmten schottischen Schauspieler Sean Connery zusammenspielte. Und wer einen Blick auf die Teilnehmerliste des Turniers in Samedan wirft, sieht unter Position 9 tatsächlich das Team Sean Connery und Adriano Testa. „Er war sehr sympathisch und beherrschte die Golf Etikette perfekt“, sagt Testa. Vor allem aber habe Connery einen Humor, der größer sei als die 18 Löcher eines Platzes. „Er hat während des Spiels ständig Witze erzählt.“ 

Ein weiterer Mythos rankt sich um John Plant. Der gebürtige Engländer kam jedes Jahr für drei Monate nach St. Moritz und wohnte im Palace Hotel. Er unterstützte den Club über viele Jahre mit seinem Wissen – und verliebte sich in Samedan. So sehr, dass der damalige Betriebsleiter Carl Chasper Lüthi irgendwann einen Brief von Johns Nichte bekam. Sie schrieb, dass ihr Onkel verstorben sei und in seinem Testament den Wunsch geäußert habe, auf dem Platz beerdigt zu werden. Lüthi zögerte nicht lange und bat sie, mit der Urne zu kommen. Dann fuhren sie in die Nähe des 14. Lochs und streuten die Asche aus dem Cart heraus. Mitten auf das Fairway.

Die bekanntesten Hotels der Welt

Sean Connery ist freilich nicht der einzige Star von Weltformat, der seinen Golfurlaub gerne in den Schweizer Hochalpen verbringt. St. Moritz hat mit dem Palace, dem Kempinski Grand Hotel des Bains und dem Kulm auch einige der bekanntesten Fünf-Sterne-Hotels der Welt. Ein paar Kilometer weiter, etwas abseits des großen Trubels, gibt es zudem das bekannte Hotel Waldhaus in Sils-Maria, das wie ein Schloss im Wald über dem Ort thront. Ein Grandhotel ohne Starallüren. Der perfekte Platz zum Abschalten, Lesen und Denken. Zum Krafttanken und Genießen. Seit 1908 gehört das Hotel derselben Familie - und die ist vor allem traditionsverliebt. Von den alten Zeiten ist im Waldhaus sehr wenig verloren gegangen, die Vergangenheit begegnet einem in  vielen Details. Und trotzdem bleibt die Zeit hier nicht stehen. Jüngst wurde beispielsweise in einen neuen Wellness-Bereich investiert.