Die Stilfrage. Oder: Ein Plädoyer für die Kurz-Hosigkeit

Weiße Tennissocken in Sandalen? Das geht modisch schon lange nicht mehr. Die Stilfrage kennt eben kein Hitzefrei. Kurze Hosen im Büro, sagen Modeexperten, sind beispielsweise auch ein solches No-Go. Selbst wenn am PC-Arbeitsplatz bei 30 Grad die Luft brennt. Und auf dem Golfplatz? Sind kurze Hosen auf der Runde unästhetisch? Oder bleibt einem bei der großen Hitze dieser Tage gar nichts anders übrig? Und warum dürfen dann Frauen im luftigen Röckchen golfen, ohne dass sich auch nur irgendeiner auf den Platz darüber beschweren würde? Fragen über Fragen.

Zunächst ein Mal das offizielle Reglement: Bei den Profis wird die Kleidung von der Tour festgelegt. Und Du wirst sehen, so viel Du auch durch die TV-Programme zappst, dass auf der European Tour und der US PGA Tour die lange Hose als Dress-Code gilt. Nur bei einem Einladungsturnier 2012 auf der European Tour in der Türkei waren die Pros ausdrücklich dazu eingeladen worden, doch in Shorts zu spielen. Die Caddies sind von diesen Regeln freilich befreit. Sie schleppen die schweren Tourbags, bekommen den ganzen Frust der Profis ab und geraten dadurch ganz schön ins Schwitzen. Die Lösung: Kurze Hosen, Turnschuhe und Sonnenhut. Seit Januar 2016 dürfen es ihnen die Spieler nun doch gleichtun. Wenn auch die Regeln zunächst einmal nur für Proberunden und Pro-Ams gelten auf der European Tour gelten.

 

Aber, ich bin bei der Recherche auch auf einen echten Rebellen gestoßen. So ein kleines bisschen John Daly. Denn der Amerikaner Forrest Fezler protestierte bei der US Open 1983 gegen die Pflicht, lange Hosen tragen zu müssen. Er verschwand während der Runde auf einer Toilette an der 17 und tauschte dort schnell die lange gegen eine kurze Hose aus. Auf der 18 ließ er sich von den Fans dafür frenetisch feiern. Sanktionen seitens der Tour blieben aus. 

 

Ist einer, der heutzutage mit einer kurzen Hose aus den Platz geht, tatsächlich ein solcher Rebell? Meines Erachtens nicht. Denn Golf - das werden wir passionierten Birdiejäger ja nie müde, gegenüber Nicht-Golfern gebetsmühlenartig zu wiederholen -  ist ein Sport. So wie Fußball, Joggen oder Tennis auch. Und was tragen Fußballer, Jogger oder Tennisspieler im Sommer? Richtig, kurze Hosen. Also sollten wir das auch tun. Trotz oder vielleicht sogar wegen der bleichen Beine. Woher soll denn die Farbe vom Knie abwärts auch kommen, wenn man den ganzen Tag im Büro mit der langen Anzughose sitzt? Wenn man dazu dann auch noch im Hochsommer mit der langen Hose über den Golfplatz schleicht? Wer nach Island in den Urlaub fliegt, kann ja auch nicht automatisch davon ausgehen, braungebrannt wieder zurückzukommen (außer die da oben im Norden haben irgendwann mal wieder so einen Jahrhundertsommer wie 2015). 

Sportlich und bequem muss es sein

Aber zurück zu den bleichen Golferbeinen (Würden die Isländer eigentlich auch sagen, dass meine Beine bleich sind?). Der Deutsche Golfverband spricht auf seinen Internetseiten eine Empfehlung in Sachen korrekter Bekleidung aus. Da heißt es: "Es gibt keine Uniform für Golfspieler [...] Wichtig ist, dass die Kleidung beim Golf sportlich, bequem und ordentlich ist." Kurze Hosen sind also offiziell keineswegs tabu. Und was gibt es bequemeres, als bei Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke mit der knielangen, luftigen Short auf die Runde zu gehen. 

 

Ist es also der Anblick, denen die Flightpartnerinnen ausgeliefert sind? Der Anblick von schrecklich behaarten Beinen? Der Anblick von geschwollenen Krampfadern? Oder wünschst Du Dir - aus der anderen Geschlechterperspktive gesehen -, dass die Mittfünfzigerin in Deinem Flight das nächste Mal Schlabberhose statt Mini trägt? Denke jetzt bitte bloß nicht an einen rosaroten Elefanten. Denke lieber an den nächsten sonnigen Golftag. Pack' die Golfshort ein und lass die Nörgler Nörgler sein. 

 

Eine kurze Anekdote zum Schluss: Ein Freund, der als Golf-Pro und Clubmanager arbeitet und daher - der Seriosität wegen - ständig lange Hosen trägt, sah sich an seinem Geburtstag dem Spott seiner Gäste ausgesetzt. Denn er war, endlich mal im lockeren Freizeitlook, in kurzen Shorts unterwegs. Dass er als Golflehrer arbeitet, wollte ihm an diesem Abend beim Anblick seiner Beine niemand glauben. Der braungebrannte Sonnyboy ist eben doch nur ein Klischee, wenn die ganze Golferbräune in all ihrem erbärmlichen Ausmaß zum Vorschein kommt. 

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