Golf am Simulator: Die schonungslose Wahrheit

Ich war lange Zeit kein Freund von Golf-Simulatoren. Spaß hat mir das monotone Spiel gegen die Wand nicht gemacht. Doch jetzt kommt auf einen Schlag der Sinneswandel. Du wirst Dich jetzt sicherlich fragen, was dahintersteckt. Zwei, drei gesellige Winter-Indoor-Runden mit Freunden. In der einen Hand die Pizzaschnitte, an der anderen noch den Golfhandschuh - und auf dem Tischchen daneben die Halbe Bier. Da wird man schnell zum kleinen Golf-Punk. Und aus den Lautsprechern zwitschern die Vögelchen. Mein Erfahrungsbericht. 

Auf dem geschichtsträchtigen Old Course in St. Andrews habe ich schon gespielt, in Celtic Manor auch. Ich habe mich auf Bahn 17 des TPC at Sawgrass versucht, jenem unvergleichlichen Inselgrün. Und jetzt stehe ich am Abschlag des legendären siebten Lochs von Pebble Beach in Kalifornien. Es ist windstill, die Sonne scheint. 97 Meter liegen zwischen Abschlag und Grün. Um mich herum Steinklippen, Sandbunker und Meer, nichts als Meer. Zugegeben: Die Sonne Kaliforniens scheint nur auf der Leinwand vor mir. Draußen ist es nasskalt und neblig. 

 

Schön für den, der bei Wind und Wetter die Möglichkeit hat, an einem Golf-Simulator zu spielen. Noch dazu, wenn es Plätze sind, die man sich als Normalsterblicher ohnehin kaum leisten kann. Der nette Nebeneffekt: Ich spare satte 495 Dollar Greenfee, denn der echte Parcours in den USA zählt zwar zu den schönsten, aber auch zu den teuersten Golfplätzen der Welt. Aber bringt ein Simulator auch den nötigen Effekt? Und was ist zum Vergleich eine „echte“ Golfrunde wert? 

Als Trainingsgerät ist der Golf-Simulator ideal

Eines gleich einmal vorneweg: Eine Runde am Simulator macht immer noch mehr Sinn, als 18 Loch auf einer Spielekonsole oder dem Handy, seien die Spiele inzwischen noch so originalgetreu und gut. Denn, ob der Schwung lediglich mit einem wenige Gramm leichten Controller ausgeführt wird oder mit den eigenen Schlägern, ist ein himmelweiter Unterschied. Der Ball ist beispielsweise auf Playstation oder Wii kinderleicht zu treffen. Ganz zu schweigen vom Bewegungsbild. Schon alleine der Ablauf des Schwungs unterscheidet sich grundlegend. Und das ist definitiv ein Plus des Simulators.  

 

Denn als reines Trainingsgerät ist der Simulator ideal und mittlerweile vielerorts ein fester Bestandteil des Wintertrainings. Kaum ein Segment des Golfsports hat sich in den vergangenen Jahren so verbessert. Das sind optimale Voraussetzungen für gutes Schwungtraining. Mehrere Sensoren messen und bewerten den Schwung nach verschiedenen Kriterien, etwa Schwungweg, Winkel des Schlägers, Schlägergeschwindigkeit oder Flugdistanz. Zudem werden die Flugbahn des Balles und der Treffpunkt des Balles auf dem Schlägerkopf aufgezeichnet und analysiert. Das ist zweifelsohne hilfreich. 

Die Wahrheit liegt nach wie vor auf dem Platz

Ein Spiel am Golfsimulator ist ein abwechslungsreicher Zeitvertreib, mehr aber auch nicht. Die Konkurrenz unter den diversen Anbietern wächst zwar ständig und damit steigt automatisch auch die Qualität des Angebots. Doch ein Abschlag, Chip oder Putt gegen eine Videowand können eine echte Golfrunde mit all ihren Begleiterscheinungen nicht ersetzen. Mir fehlen die Natur, die Bewegung zwischen den Schlägen, der Smalltalk mit den Mitspielern, der Geruch des frisch gemähten Rasens und die Weite des Golfplatzes. Wer weiß, wie weit die Entwickler im dunklen Kämmerchen schon sind. Vielleicht gibt es ja eines Tages einen 4D-Simulator. Einen, der Wind, Regen, die verschiedenen Tageszeiten oder die Länge des Rasens nicht nur als Variablen berechnet, sondern hautnah erlebbar macht. Aber auch dann gilt: Die Wahrheit liegt auf dem Platz.

Fotos: Stephan Schöttl/alpengolfer.de