Riederalp: Freie Sicht aufs Matterhorn

Rekorde, sagt man so schön, sind dazu da, gebrochen zu werden. Doch diese Bestmarke scheint eine für die Ewigkeit zu sein. Ziemlich unwahrscheinlich, dass sie irgendwann an anderer Stelle gebrochen wird. Der Golfplatz auf der Schweizer Riederalp ist der höchstgelegene Europas. Wer hierher kommt, will aber nicht nur spielen – die umgebende Bergwelt mit dem Eisstrom des Aletschgletschers als Höhepunkt lockt auf unzählige Bike- und Wanderpfade. Ganz zu schweigen von der wunderbaren Atmosphäre der autofreien Bergdörfer hoch überm Rhonetal.

Auf knapp 2.000 Metern Höhe ist die Luft rein und leuchtend. Und so klar, dass das Gebirgspanorama rund um die Riederalp wirkt, als sei es aus dem blauen Frühlingshimmel gestanzt. Durchatmen kann man hier, auf dem Hochplateau über dem Rhonetal, selbst wenn in den Tälern des Wallis die Sommerhitze brütet. Sogar die Golfbälle fliegen weiter als im Tal. Ist das wirklich so, Willy Kummer? „Natiirli“, schmunzelt der Manager des Golfclubs Riederalp und lässt das Schwyzerdütsch krachen. „Weil die Luft hier oben dünner ist.“ Er muss es wissen, schließlich war er schon bei der Gründung des Clubs 1985 dabei. Seitdem hat er unzählige zu weit fliegende Golfbälle erlebt.

Faszinierendes Gipfelmeer der Viertausender

Das passiere den Gästen aus der Schweiz, aus Deutschland oder den Benelux-Ländern aber nur zu Beginn ihres Urlaubs – „bis sie sich an die Luft gewöhnt haben.“ Immer wieder aufs Neue staunen die Gäste allerdings über das Panorama. Selbst Kummer, der in einem kleinen Bergdorf nahe der Riederalp wohnt, ist immer wieder fasziniert. Staunt über das Gipfelmeer der Viertausender, die man von hier aus sieht. Kaum losreißen kann man sich vom Blick auf Matterhorn und Co., mal von Wolken bekrönt, mal im Sonnenuntergang leuchtend oder als scharfkantiger Scherenschnitt gegen einen funkelnden Sternenhimmel. Dazu die herrliche Bergnatur rund um den höchstgelegenen Golfplatz Europas: „Wenn Sie die Anlage zwei Mal spielen, haben Sie 18 Löcher bewältigt – und den Rest des Tages Zeit, wandern zu gehen oder mit dem Bike loszufahren.“ In dem Moment, in dem man unten im Tal in die Seilbahn zur Riederalp steigt, falle alles Schwere von einem ab. Kummer hat beobachtet, dass selbst die Menschen, die zur Arbeit per Gondel auf das autofreie Plateau oberhalb von Brig kommen, entspannter sind. 

Das Sekretariat des GC Riederalp liegt in der Bergstation

Das Sekretariat des Golfclubs Riederalp liegt in der Bergstation der Seilbahn, der Golfplatz direkt vis-à-vis – mitten im Dorf. Wo im Winter eine Langlaufloipe verläuft, wird von Anfang Juni bis Ende Oktober abgeschlagen. Familiär und entspannt geht es auch auf dem Platz zu, erzählt Kummer. „Die Leute lassen los, es herrscht Ferienstimmung.“ Zweimal im Jahr organisiert der Club mit seinen 600 Mitgliedern eine Golfwoche für Jedermann – im August und im September. „Unsere Gäste lieben diese Treffs mit ihren sportlichen Höhepunkten, den Siegerehrungen und dem Beisammensein.“ Dann wird es voll auf der Riederalp, die Hotels und Ferienwohnungen sind gut gebucht. Ideal ist der Platz für Anfänger. Aber auch Fortgeschrittene können hier, auf gepflegtem Rasen und zwischen locker stehenden Bäumen, ihr Handicap verbessern. Kummer sagt: „Menschen brauchen gerade in diesen Zeiten Gesellschaft – und wo ist die besser zu finden als auf dem Golfplatz?“ Sein persönlicher Favorit ist übrigens Loch 4: „Da liegt das Green auf einer Insel, man muss also schon sehr präzise schlagen.“ Sonst verschwindet der Ball im Wasser. Wer aber unvorbereitet am Abschlag von Loch 3 ankommt, hat mit ganz anderen Schwierigkeiten zu kämpfen: Der Blick von hier aufs Matterhorn lässt einen ganz vergessen, den Schläger zu schwingen. Dann aber sachte, damit der Ball in der feinen Luft der Riederalp nicht gar so weit unterwegs ist.

 

Fotos: Christian Perret, Chantal Stucky