GC Oberstdorf: Südlicher geht's nicht

Oberstdorf war während der Olympischen Spiele in Pyeongchang in aller Munde. Weil die Sportler aus der Marktgemeinde, der südlichsten Gemeinde Deutschlands, ordentlich abgesahnt haben. Beim Skispringen, beim Eiskunstlauf, bei der Nordischen Kombination. Gleich sechs Medaillen haben die Allgäuer und Wahl-Allgäuer mit nach Hause gebracht. Klar, Wintersport ist das, was die meisten Menschen mit Oberstdorf verbinden. Dabei ist der Ort auch ohne Schnee eine Reise wert. Zum Beispiel zum Golfen.

Ich muss an dieser Stelle gleich mal vorweg schicken: Oberstdorf und ich, wir sind inzwischen ein kleines bisschen verliebt. Und verkuppelt hat uns mein Job als Sportredakteur. In diesem Winter war ich, zählt man alle Tage bei Wintersport-Großveranstaltungen, Weltcups und Weltmeisterschaften der Langläufer und Skispringer zusammen, knapp vier Wochen lang in der südlichsten Gemeinde Deutschlands am Fuße des Nebelhorns. Bei Wind und Regen, bei meterhohem Schnee und bei frühlingshaftem Sonnenschein. Und, ja, Oberstdorf kann man tatsächlich bei allen Bedingungen aushalten.

Neuland von Donals Harradine

Was mir bis zu einem Recherchetermin im Dezember nicht bewusst war: Oberstdorf ist im Sommer als Urlaubsort fast noch gefragter als im Winter. Wandern statt Skifahren, Mountainbiken statt Snowboarden. Und natürlich Golf! Denn dann, wenn man auf dem Weg in die Allgäuer Alpen glaubt, es geht an dieser Stelle nicht mehr weiter, kommt plötzlich der GC Oberstdorf ins Spiel. In einer einzigartigen Lage, inmitten der imposanten Bergwelt dieser Region. Im Jahr 1961 hatte der Oberstdorfer Ferdinand Brutscher nach einem Besuch des Golfplatzes in Lindau die Idee, auch in seinem Heimatort einen Platz zu errichten. Er schickte seinen Sohn Ferdl nach Lindau, der sich erkundigen sollte, wie man so etwas verwirklichen könne. Am 18. März 1961 war es dann soweit: In einem Oberstdorfer Hotel wurde tatsächlich ein Golfclub gegründet - aber noch niemand hatte Ahnung von einer Planung oder von einem Bau der Anlage.  Während eines Aufenthalts in Lugano lernte Ferdl Brutscher den schottischen Golfplatz-Architekten Donald Harradine kennen. Die Aussage „wunderschöner Platz in den Bergen“ genügte Harradine. Er kam ins Allgäu und legte mit der Planung los. Harradine schien sich in Oberstdorf wohl zu fühlen und die Herausforderung, mitten in den Bergen einen Golfplatz zu bauen, war für den Schotten echtes Neuland.

Auf fast 1000 Metern Höhe

Die Herren Brutscher, Inhaber eines Baugeschäfts, legten selbst fleißig Hand an. Ihr Maschinenpark war dabei eine große Hilfe und es rückten teilweise gewaltige Gerätschaften an. Über freundschaftliche private Kontakte zu Mitgliedern der Golfclubs in Lindau, Feldafing oder Garmisch entstand ein Netzwerk, sodass der Platz in der Gebrgoibe langsam aber sicher einem richtigen Golfplatz mit neun Spielbahnen entsprach. In den Jahrzenten danach wurde immer wieder über eine Erweiterung auf 18 Bahnen nachgedacht, verwirklicht wurde das aber nicht. Und ist auch gut so, denn heute stellt der südlichste Golfplatz Deutschlands auf 950 Metern Höhe im malerischen Trettachtal eine Anlage dar, in der die Freude am Golfsport und das pure Naturerlebnis so eindrucksvoll miteinander verbunden sind wie kaum anderswo. Der unveränderte Charme und die atemberaubende Landschaft, die damals ohne große Erdbewegungen einfach da war, faszinieren Einheimische, Mitglieder und Gäste jeden Tag aufs Neue.



Gebrgoibe - ein Inbegriff der Gemütlichkeit

"Für alle, die nicht nur zum Wandern in die Berge gehen": Kaum an einem anderen Ort passt das Alpengolfer-Motto so gut zur Kulisse. Duftende Bergwiesen umgeben die terrassenförmig angelegten neun Spielbahnen auf der Gebrgoibe. Steil ansteigende Bergmischwälder lassen im Herbst ihre Farbenpracht leuchten. Nahezu jedes Fairway bietet einen einzigartigen Blick auf die imposanten Gipfel der Allgäuer Alpen. Die herrliche Ruhe im Tal wird einzig und allein vom Rauschen des klaren Gebirgswassers der Trettach durchschnitten, was der Konzentration aber keinesfalls schadet. Der Name "Gebrgoibe" wurde erstmals 1729 als landwirtschaftliches Gebäude erwähnt und wird heute von den Einheimischen als Ausdruck für den Platz oder eben das Gelände genutzt. Er kann bis zum 16. Jahrhundert als Flurname zurückverfolgt, die richtige Bedeutung jedoch nicht mehr festgestellt werden. 1934 wurde das jetzige "Café Gebrgoibe" als Fremdenheim und Café neu gebaut und bis 2006 von Familie Huber geführt. Damals wie heute genießen Golfer, Wanderer und Mountainbiker auf der Sonnenterrasse mit Bergblick ein kühles Getränk und leckere Speisen. Nach meinen schneereichen und kalten Wintertagen in Oberstdorf steht für mich bereits jetzt fest: Ich werde heuer auf jeden Fall auch auf dieser Sonnenterrasse der Gebrgoibe sitzen. Nicht nur einmal!

Fotos: GC Oberstdorf, Stephan Schöttl/alpengolfer.de