Die BGV-Chronik: Viel mehr als statistisches Beiwerk

Da lag sie also eines schönen Sonntagmorgens auf meinem Schreibtisch in der Redaktion. Wie eine Chronik eben so aussieht. Groß, wuchtig, 1,3 Kilo schwer, in glänzendem Umschlag gebunden und doch irgendwie farblos. Auf den ersten Blick ein Buch, das nach Trockenkost aussieht. Wahrscheinlich wieder eines der vielen Almanachs. Voller Zahlen und historischer Ahnentafeln. Aber: „Golfsport und Golfkultur in Bayern“, die Chronik zum 50-jährigen Bestehen des Bayerischen Golfverbands, ist bunt. Viel mehr als ein plattes Geschichtsbuch und statistisches Beiwerk.

Auf rund 220 Seiten hat der Bayerische Golfverband gemeinsam mit Volker Mehnert, Redakteur und Ko-Autor der Chronik, das zusammengetragen und aufgearbeitet, was in den Geschichtsbüchern und im Deutschen Golf-Archiv in Köln über die zurückliegenden Jahrzehnte zu finden war. Der Rechercheaufwand hat sich wahrlich gelohnt. Denn die Chronik steckt voller Überraschungen, Kuriositäten, Anekdoten und vergessener Triumphe. Und das Buch bietet gleichzeitig auch einen Ausblick auf das, was noch kommen könnte und kommen wird. Ein Kapitel beispielsweise dreht sich um die Öffentlichkeitsarbeit des Verbands – vom ersten Mitteilungsblatt bis zur regen Social-Media-Aktivität, die heutzutage auch für eine Institution wie den Bayerischen Golfverband unverzichtbar ist.

Der Mensch im Mittelpunkt der Geschichte und Geschichten

Mehr als 60 informative Texte, kurzweilige Reportagen und amüsante Geschichten stecken zwischen den beiden dicken, blauen Umschlägen. Natürlich sind die Vorworte der Prominenz unverzichtbarer Bestandteil eines solchen Geschichtsbands und daher auch auf den ersten Seiten der Chronik abgedruckt. Aber um die übliche Lobhudelei und die mitunter vielleicht etwas peinlichen selbstgedichteten Verse der Nachbarn kommt man eben auch an seinem eigenen runden Geburtstag, sei es der 40., 50. Oder 60., nicht herum. Sind ja auch schnell überblättert und daher nicht sonderlich störend. Die Gliederung der BGV-Chronik ist gut gewählt, reicht von der Frühgeschichte über die Aufbaujahre und die Verbandsaktivitäten bis zur Analyse des Golfmarkts im 21. Jahrhundert. Das Buch enthält zudem eine Fülle von historischen Fotos und bisher unveröffentlichten Originaldokumenten.  Die verschiedenen Persönlichkeiten, Golfanlagen und Golfer stehen dabei immer im Mittelpunkt der Texte. Und genau das macht die Chronik so lesenswert.  In einem eigenen Kapitel wird auch auf die vielseitige bayerische Golflandschaft eingegangen. Auf Weinberge, Wälder und Alpengipfel. Letzteres freut den Alpengolfer natürlich besonders.

 

Eines stört mich aber – nicht nur aus Heimatliebe: dass Deutschlands höchster Abschlag auf 1.011 Metern im Golfclub Waldegg-Wiggensbach und der Zusatz „südlichster Golfclub Deutschlands“ des Golfclubs Oberstdorf im Zusammenhang mit dem Golf-Tourismus von den Machern der BGV-Chronik als „nutzlose Superlative“ bezeichnet werden. Da hätte ich mir doch ein bisschen mehr Patriotismus gewünscht. Zumal der BGV mit seinem Label „Golf in Bayern“ mittlerweile ja selbst kräftig die Tourismus-Werbetrommel rührt.  

Und das sind meine Top-3-Geschichten in der Chronik

„Ich war der erste Golfplatz Bayerns“

Eine Geschichte über die bewegte Historie des Münchner Golfclub. „Erinnerungen unter der Autobahn“ heißt der Zusatztitel dieses Textes. Und es sind, aufgrund der Erzählperspektive in der Ich-Form, besonders lebendige Erlebnisse, obwohl der Golfsport rund um diese ehemalige Kiesgrube längst tot ist.

 

„Der Caddy mit dem Adlerauge“ 

Toll geschriebenes Porträt über Deutschlands Golf-Ikone Bernhard Langer, gestaltet mit Schwarz-Weiß-Fotos aus jungen Jahren und den Original-Scorekarten der Deutschen Offenen Golfmeisterschaft aus dem Jahr 1980. Eine tolle Ergänzung dazu ist meine selbst recherchierte Geschichte über den Besuch in Langers Heimatgemeinde Anhausen und seinem Heimatclub, dem GC Augsburg.

 

„Wie die Bobfahrer aus Jamaika“

Ein Text zum Schmunzeln. Die „Cool Runnings“ sind in diesem Fall die Mitglieder der Nationalmannschaft des Deutschen Golfverbands der DDR. Sie waren im April 1990 auf großer Abenteuertour im Golfclub Lindau-Bad Schachen unterwegs. Renate Graf war damals dabei und erinnert sich nun an den ersten, einzigen und letzten Auftritt des DDR-Golfteams in der Geschichte.


„Golfsport und Golfkultur in Bayern“, Eine Chronik zum 50-jährigen Jubiläum des Bayerischen Golfverbands anno 2018, 226 Seiten, 29,50 Euro. Online zu beziehen unter https://www.gi18.de/bgv/online/erwerb-einer-chronik

Foto/Repro: Stephan Schöttl/alpengolfer.de