Fußballtore, Sandkasten, Schaukel. Beim Golfclub Augsburg geht es familiär zu. Seit Kurzem werden sonntags Kinder von Erzieherinnen betreut, während Mama und Papa auf die Runde gehen. Clubmanager Fabian Fietze geht es aber nicht um die Frage Golf oder Familie. Es geht in erster Linie um gemeinsame Zeit. „Kaum eine andere Sportart eignet sich so gut, von der ganzen Familie unabhängig von Alter und Können ausgeübt zu werden“, sagt er. Der Heimatclub der deutschen Golf-Ikone Bernhard Langer ist ein Vorzeigeklub in Sachen Familienfreundlichkeit.
Und das liegt nicht nur am neuen Format des Platzreifekurses. Den gibt’s in Augsburg nämlich gleich für Vater, Mutter, Kind. Als Vater von zwei kleinen Kindern stehe auch ich oft vor dem Gewissenskonflikt: Soll ich nach der anstrengenden Arbeitswoche am Samstag raus auf den Golfplatz, um den Kopf mal wieder freizubekommen und abzuschalten? Mal an mich denken. Oder doch lieber Zeit mit der Familie verbringen, die unter der Woche oft zu kurz kommt? Eine schwierige Frage. Fabian Fietze sagt: „Wir sehen uns als sportlich orientierter Familienclub mit hohem Qualitätsanspruch.“ Aber wie kommt die Idee mit der Familien-Platzreife überhaupt an?
„Der erste Kurs ging vor Kurzem zu Ende und hat ausschließlich positive Rückmeldung gebracht. Der Unterschied zu normalen PE-Kursen: Es steht eine weitere Person als Trainer zur Verfügung, die sich um die Belange des Nachwuchses kümmert. Kinder lernen anders als Erwachsene. Drei Stunden auf der Driving Range halten Kinder nicht durch. Dafür gibt es dann Laufspiele, eine Platzrunde mit dem Cart oder auch Wettspiele. Alles findet zeitgleich statt, so dass Eltern und Kinder zwar gleichzeitig lernen, aber mit anderen Inhalten. Sie können erahnen, wer von beiden am Ende den besseren Schwung hat.“ (Fabian Fietze)
Jung trifft auf Alt
Nicht immer geht es allerdings gut, die große Gruppe der Ü50-Golfer und den so wichtigen Nachwuchs unter einen Hut zu bringen. Ich kenne Klubs, in denen birgt das Verhältnis Jung-Alt gehöriges Konfliktpotenzial. In Augsburg, sagt Fietze, ist das aber nicht so. In meinem Heimatclub im Allgäu übrigens auch nicht.
„Wir haben etwa 160 Kinder und Jugendliche und rund 500 Senioren, die älter sind als 50. Die Senioren haben Interesse daran, dass es der Jugend gutgeht, und freuen sich über deren Erfolge. Sofern man die Startzeiten von Jugendturnieren nicht in die Prime-Time der Senioren legt, gibt es kein Konfliktpotential. Tendenziell findet die Jugendarbeit außerhalb des Platzes statt, die Senioren tummeln sich auf dem Platz. Insofern haben wir da wenig Überschneidungen.“ (Fabian Fietze)
Ist der Nachwuchs dann erst einmal aus dem Jugendalter raus, verdient vielleicht sein erstes eigenes Geld und überlegt, ob er sich die – leider in vielen Fällen immer noch zu teure – Mitgliedschaft in einem Golfclub überhaupt noch leisten will, sind die Klubs ein weiteres Mal gefordert. Ich kreide vielen Golfanlagen an, dass sie im Blick auf Mitgliedschaftsmodelle viel zu unflexibel sind. Bei einer Hausfrau zum Beispiel, die sich hauptsächlich daheim um die Kinder kümmert und vielleicht am Wochenende gerne mal eine Runde mit ihrem Mann drehen würde, darf man einfach nicht den normalen Jahressatz ansetzen. Bei einem Studenten, der gerade ins Berufsleben startet, freilich auch nicht. Fabian Fietze pflichtet mir in diesem Punkt bei. Er sagt: „Golfmitgliedschaften sollten grundsätzlich auf die sehr individuellen Bedürfnisse von Golfern in bestimmten Lebenssituationen abgestimmt sein.“
„Wir haben 2017 spezielle Arrangements für Familien (Preisrabatt), Wenigspieler (limitiertes Spielrecht), junge Erwachsene (progressive Preisstaffelung in Abhängigkeit vom Alter) und Senioren Ü70/Ü75 (Auswahlmöglichkeiten beim Spielrecht) ins Programm aufgenommen. Bislang wurden alle Varianten angenommen.“ (Fabian Fietze)
Wenn Golf zum Event wird
In Augsburg sprudeln die guten Ideen. Zum Beispiel beim Tag der offenen Tür. Der ist oftmals nicht attraktiv für Nicht-Golfer. Getreu dem Motto: „Gehen Sie doch mal da rüber. Da ist die Driving Range. Dann können Sie ein paar Bälle hauen.“ Gesagt – und einfach allein gelassen. Habe ich tatsächlich schon so erlebt. Golf muss aber dringend noch mehr zum Event werden! Sagt Fabian Fietze hinsichtlich des Programms für einen Erlebnistag auf der Anlage auch. Bei ihm gibt es demnächst einen Tag der offenen Tür für Golfer und einen mit speziellem Programm für Einsteiger. Grundsätzlich sieht er aber andere Ansatzpunkte auf dem Weg zu mehr Popularität.
„Für die Zukunft des Golfsports ist aus meiner Sicht eine größere mediale Aufmerksamkeit und der Abbau von negativen Vorurteilen wichtig. Dies kann beispielsweise durch Erfolge deutscher Golfer erreicht werden, durch stimmigere Turnierformate oder spannendere Fernseh-Übertragungen. Vom Verband geförderte Projekte wie Schulgolf sorgen zumindest perspektivisch für eine Reduzierung der Hemmungen gegenüber Golfanlagen. Auch hier würde ich eine nachhaltige Ausweitung vergleichbarer Programme begrüßen. Golf ist gerade im Schulsport eine hervorragende Möglichkeit, auch weniger sportbegeisterten Kindern eine erfolgsversprechende Plattform zur körperlichen Betätigung zu bieten." (Fabian Fietze)
Bislang dominieren im Schulsport athletische Disziplinen, zum Beispiel alle Ballsportarten, Leichtathletik und Turnen. Kinder mit schwächeren Voraussetzungen bleiben zwangsläufig zurück und verlieren mangels Erfolgserlebnissen das grundsätzliche Interesse an Sport. Golf könnte dem Schulsport hier einen sehr großen Mehrwert bieten, der sich im späteren Verlauf positiv auf das Gesundheitssystem auswirkt. Das kann man ohne Wenn und Aber so stehen lassen.
Fotos: Stephan Schöttl, Golfclub Augsburg