Alter Wein in neuen Schläuchen

Endlich! Die Golf-Saison steht in den Startlöchern. Die ersten Messen locken die Besucher, Verbandsfunktionäre sind euphorisch und Schnäppchenjäger wildern im Revier. Auch ich bin voller Vorfreude zur Golf-Sonderschau bei der CMT-Reisemesse in Stuttgart gefahren. Und dann? Die große Ernüchterung! Alter Wein in neuen Schläuchen. Bei den Diskussionsrunden der Fachbesucher ebenso wie beim Rundgang durch die Ausstellungsreihen. Warum das so ist?

"Neonfarben - schon da gewesen, Geländewagen - schon da gewesen, Skateboard fahren - schon da gewesen, Hüte tragen - schon da gewesen, Diskobeat - schon da gewesen. Es fängt immer wieder von vorne an, kommt alle Jahre wieder wie ein Bumerang." Mehrfach sind mir bei meinem Besuch der Golf-Sonderschau auf der Reisemesse CMT in Stuttgart diese Textzeilen aus einem Song des großartigen Roger Cicero durch den Kopf gegangen. Es ging dort freilich nicht um Geländewagen, Skateboards oder Diskobeat. Aber es ging ganz oft um alten Wein in neuen Schläuchen. Und das hat schon vormittags angefangen. Beim Business-Talk des Golf Management Verbands Deutschland (GMVD). Achim Battermann, stellvertretender Präsident des Deutschen Golf-Verbands (DGV), kommentierte dort im Kreis des Fachpublikums noch einmal die aktuelle Entwicklung der Mitgliederzahlen. Zu den knapp 643.000 Golferinnen und Golfern, die im Verband organisiert sind, rechnet er mit weiteren rund 80.000 bis 90.000, die zwar golfen, aber eben nicht als DGV-Mitglieder. "Golf steht nach wie vor vergleichsweise gut da", meint er. Aber ist das so? Klar, der Golfsport ist noch immer unter den Top 5 der Sportarten im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Ich finde aber, die Verantwortlichen lassen sich vom Plus (0,5 Prozent) im vergangenen Jahr zu sehr blenden. Denn bei näherem Hinsehen fällt auf: Den Zuwachs gibt es eigentlich nur ab 50+. Bei den Kindern und Jugendlichen gehen die Zahlen weiter zurück. Und das verspricht für die Zukunft wenig Gutes.

Aber zurück zur Anfangsthese. Warum jetzt also alter Wein in neuen Schläuchen? Weil die Lösungsansätze der Verantwortlichen zwar toll klingen, aber alles schon einmal da war. Oder wie Roger Cicero singt: "Es fängt immer wieder von vorne an, kommt alle Jahre wieder wie ein Bumerang." So wie die Initiative "Gemeinsam Golfen", die derzeit auf vielen Kanälen beworben wird. Ein Mitglied bringt einen Freund mit auf den Platz und überzeugt ihn davon, dass Golf ein Sport ist, der mächtig Spaß macht! Neu? Nein, ein alter Hut! Viele Golfanlagen praktizieren diese Art der Mitgliederwerbung, das Instrument des Empfehlungsmarketing schon seit vielen, vielen Jahren in Eigenregie. Und dann ging es in der Diskussion um die Mitgliederzahlen bei Kinder und Jugendlichen mit ebenso wenig Neuem weiter. Es gebe Ideen, meinte Achim Battermann, dieser negativen Entwicklung entgegenzusteuern. Klingt innovativ, macht neugierig. Aber dann? Dann sprach er davon, in die Schulen gehen zu müssen, Lehrer fortzubilden und Wettbewerbsformate für die Schulen zu schaffen. Neu? Nein, ein alter Hut! Der Bayerische Golf-Verband macht es schon lange vor und ist dabei nicht der einzige Landesverband. Es gibt Schulbeauftragte, es gibt Golf-Kurse und spezielle Trainer-Ausbildungen für Lehrer und es gibt "Jugend trainiert für Olympia", das wohl erfolgreichste Wettbewerbsformat für den Schulsport, bei dem nicht nur Fußball oder Volleyball, sondern längst auch schon Golf gespielt wird.

Vergebliche Schnäppchensuche

Der Rundgang über die Messe ging letztlich ähnlich wenig inspirierend weiter. Wüsste ich nicht selbst bestens, wie geil der Golfsport tatsächlich ist, ich hätte es an diesem Messetag nur an wenigen Ecken richtig überzeugend vermittelt bekommen. Bei der 0711-GOLFCREW zum Beispiel, diesem verrückten Haufen auf Stuttgart, bei dem für den guten Zweck in einen Turm leerer Bierkisten gechippt werden musste - für Freibier! Golf ist lässig. Golf ist jung. Golf ist erfrischen anders. Wirklich? Golf ist bei der Sonderschau in Stuttgart leider viel zu oft eintönig, klischeebehaftet und alt. Schade! Keine Frage, die Reiseregionen kümmern sich rührend um ihre Kunden. Allerdings nur um die im Rentenalter. Dann werden dicke Brotzeitplatten aufgefahren und edle Weine ausgepackt. Dann wird geherzt und umarmt. Und wenn der jüngere Kunde kommt? Dann wird ihm schnell ein Prospekt in die Hand gedrückt, die Anfahrtsskizze dazu - und Tschüss! Ist mir tatsächlich an einigen Ständen passiert. Da hat es auch nichts gebracht, tatsächlich großes Interesse an diesem Reiseziel, diesem Hotel oder dieser Golfanlage zu haben.

 

Wer übrigens echte Schnäppchen sucht, der sollte nicht zu viel erwarten. Ich habe mir vor Kurzem im Pro-Shop einer Indoor-Anlage daheim ein Paar Adidas-Schuhe gekauft. Aus dem letzten Jahr zwar, aber - wie ich finde - immer noch modisch frisch. Für 50 Euro. Und just dieses Modell habe ich in Stuttgart auch gesehen. Zum "Messe-Knallerpreis" von 95 Euro! Noch Fragen?

Fotos: Messe Stuttgart, Stephan Schöttl