Hilfe, bin ich jetzt alt?

Deutschlands Golf-Senioren werden immer jünger. Das ist doch mal eine starke Schlagzeile! Ab 2017 wird aus der Altersklasse 35 die AK 30. Jetzt ist man also schon mit 30 im Seniorenalter. Hüftsteif und atemlos. Der Verband verspricht sich eine sportliche Aufwertung seiner Sportart. Aber wie es dabei um die Gefühlswelt der Aktiven steht, interessiert mal wieder keinen. Hilfe, bin ich jetzt alt? Darf ich trotzdem noch in der Bar feiern oder muss ich ab sofort ins Tanzcafé?

Haben die in Wiesbaden das mit dem demografischen Wandel nicht richtig verstanden oder habe ich etwas Entscheidendes verpasst? Werden die Menschen nicht etwa immer älter? Hätte man die Altersklassen daher nicht eher nach oben verschieben müssen? Oder gibt's künftig etwa nach den Jungsenioren und den Senioren auch noch die Master-Senioren ab 70 und die Ultra-Senioren ab 80?

 

Der Verband sagt, man passe sein Spielsystem damit den internationalen Regelungen an. Langfristiges Ziel dieser Veränderungen sei es, die einzelnen Meisterschaften noch leistungsorientierter auszurichten, ihren sportlichen Wert zu erhöhen und zugleich dadurch ein durchweg einheitliches Wettkampfsystem zu haben. Klingt plausibel.  Aber wie fühlt man sich denn mit 38 als Jungsenior? Hilfe, ich bin alt! Werde ich jetzt auch bald mit dem Cart über den Platz rollen? Werde ich im Sekretariat darum betteln, mich beim nächsten Turnier mit der knackigen 20-Jährigen im Flight einzuteilen?  Hallo, Dr. Sommer, muss ich mich vor der Runde überhaupt noch aufwärmen oder darf ich jetzt auch direkt vom Auto gleich an den ersten Abschlag?

 

Aber jetzt mal im ernst. Die Golfer trifft es mit den Altersklassen gar nicht so schlimm. Vielleicht ist es einfach nur das Wörtchen Senior, das den Junggebliebenen so wehtut. Wobei die heute ja auch alle viel rüstiger sind als meine Oma früher mit 80. Erklimmen noch eifrig die Berggipfel um die Ecke, laufen mit über 70 noch Triathlon. Warum also sollten sie nicht auch noch ordentliches Golf spielen. Ein bisschen unkonventioneller vielleicht. Aber sonst? Eine gute Bekannte war vor einigen Jahren trotzdem kurz vor dem Nervenzusammenbruch, als es für sie, gerade den 50. Geburtstag so ausgelassen gefeiert wie einen 18., bei der Clubmeisterschaft nicht mehr um den Frauen-Titel, sondern um die Seniorinnen-Trophäe ging. Auch bei den Fußballern zählt man mit knapp über 30 schon zum alten Eisen, oder genauer gesagt zu den Alten Herren. Ü32 sagt da niemand.

Die Altersklassen in anderen Sportarten

Ja, manchmal würde ich gerne ein Schütze sein. Die haben's zwar ob ihrer schlechten Lobby oft nicht leicht, klingen irgendwie aber jünger. Von 21 bis 45 Jahren schießt man da als Damen und Herren, danach geht's für weitere zehn Jahre in die Altersklasse und erst ab 56 ist man ein Senior, bei den Bogenschützen sogar erst ab 65. Habe mal bei Wikipedia nachgeschlagen. Dort steht: "[...] Die Bezeichnung für ältere Sportler ist insgesamt sehr uneinheitlich. Während in einigen Sportarten der Begriff „Senioren“ als Synonym für den gesamten Erwachsenenbereich ab 18 Jahren verwendet wird (in der Abgrenzung zu den Junioren), gilt er in anderen Sportarten für Sportler ab einem bestimmten höheren Lebensalter (meist ca. 30 Jahre), ab dem man eine zurückgehende Leistungsfähigkeit unterstellt. [...]". Hallo, geht's noch!? Zurückgehende Leistungsfähigkeit? Was sollen dazu denn beispielsweise ein Bernhard Langer, eine Serena Williams oder gar ein Jaromir Jagr sagen, der mit 44 immer noch zu den besten Eishockeyspielern der Welt zählt?

Rabatte mit dem Clubausweis

Na gut, Ihr wollt es ja scheinbar nicht anders. Ich werd's demnächst mal ausprobieren. Im Schwimmbad vielleicht. Den DGV-Ausweis an der Kasse vorzeigen und freundlich nach dem Seniorentarif fragen. Mal sehen, ob sie mich dann erst verwirrt nach meinem Geburtsdatum fragen oder mir gleich den Vogel zeigen.

Foto: Michael Denkinger