Je mehr Löcher, desto Golf

Turniere nach Feierabend oder die kurze Runde am Sonntagvormittag. 9-Loch-Wettbewerbe scheinen in der Gunst der Golfer ziemlich gefragt zu sein. Namhafte Sponsoren steigen ein, die Meldelisten sind oft ausgebucht. Ist das nur (m)ein rein subjektives Empfinden? Oder haben viele Golfer neben Berufsalltag und Familie kaum noch Zeit für 18 Löcher? "Ich denke, das 9-Loch-Turniere vor dem Hintergrund knapper werdender Zeit mittlerweile ihre Berechtigung haben", sagt Andreas Dorsch, Geschäftsführer des Golf Management Verbands Deutschland (GMVD).

Auch für Golf-Einsteiger, meint Dorsch weiter, seien Wettspiele über die halbe Distanz "eine sinnvolle Zwischenstufe“ auf dem Weg zum ersten 18-Loch-Turnier. Und er hat recht: Erinnere ich mich an meine Anfangszeit - ach Du meine Güte, das ist mittlerweile auch schon über zehn Jahre her - habe ich zunächst auch erst einmal mein Glück über neun Löcher versucht. Meistens ist man bei der Turnier-Premiere ohnehin dermaßen mit den Nebenschauplätzen, den Flightpartnern und der eigenen Nervosität beschäftigt, dass die Konzentration kaum zwei Stunden hält. Dorsch glaubt: "Es ist in erster Linie die Zeitersparnis, die 9-Loch-Runden attraktiv macht. Aber für den einen oder anderen Golfer stellt es eventuell auch eine körperliche Erleichterung dar, insbesondere im fortgeschritten Lebensalter."

 

Einen Boom derartiger Turniere kann er allerdings aus Sicht des GMVD nicht beobachten, lediglich eine Angebotserweiterung. "Nach wie vor spielen Golfer am liebsten Runden über die volle Distanz, auch wenn heutzutage über eine mögliche Turnierteilnahme aus verschiedensten Gründen selektiver und kurzfristiger entschieden wird", erklärt der Verbandsgeschäftsführer. Und das haben mir mittlerweile auch etliche Clubmanager bestätigt. Beispielsweise ein Freund aus dem Allgäu, Chef einer 18-Loch-Anlage samt kurzem Akademieplatz. Er hat bislang kaum gute Erfahrungen mit 9-Loch-Turnieren gemacht. Das Interesse an solchen Turnieren sei in seinem Klub nicht besonders groß. Also hat er sie aus dem Turnierkalender wieder gestrichen. Ein weiterer Kritikpunkt: Die kurzen Runden seien Gift für ein intaktes Klubleben. Sprich: Wer ohnehin schon kaum Zeit für eine Runde Golf hat, bleibt danach auch nicht mehr zur Siegerehrung und dem geselligen Teil, sondern macht sich ganz schnell wieder auf den Nachhauseweg.

Stimmungsbild aus dem Internet

Und was sagen die Golfer selbst dazu? Für ein kleines Stimmungsbild habe ich im sozialen Netzwerk Facebook die Mitglieder der Gruppe "Wir lieben Golf" um ihre Meinung gebeten. Das Ergebnis zeigt deutlich: Die Golferinnen und Golfer sind für vieles offen, drehen ihre Runden nach Lust, Laune - und vor allem nach Freizeit. Michael H. beispielsweise schreibt: "Nach Feierabend gerne neun Loch. Wenn Zeit ist, auch gerne 18 Loch." Bei Doris H. ist es ebenfalls eine Frage der Zeit. Sie kommentiert: "Abends neun Loch, am Wochenende 18." Fast im gleichen Wortlaut fallen die Antworten von Dirk H. und Peter O. aus.

 

Letztlich zeigt sich aber klar: "Richtiges Golf" ist weiterhin für viele die komplette Runde. Tage mit 18 Löchern und mehr sind auch für mich Ferientage. Ein Indiz dafür, dass man genügend Zeit hat, sein Hobby ausgiebig zu pflegen. 72 User gaben auch bei der kurzen Internet-Umfrage an, lieber 18 Löcher zu spielen, 51 stimmten für die halbe Distanz über neun Löcher.

Im Urlaub ist das anders

Betrachtet man die Golf-Landkarte, fällt folgendes auf: Erfolgreiche 9-Loch-Anlagen befinden sich in der Regel in den Ballungsräumen. Etwa in und um München, Hamburg und Köln. In ländlichen Regionen gibt es meistens Plätze mit 18 Löchern und mehr.  "Die erfolgreichen 9-Loch-Anlagen verfügen über sehr gute und großzügige Übungseinrichtungen. Des Weiteren verfolgen sie teilweise auch Konzepte als Event- und Tagungslocations", sagt Andreas Dorsch. In touristischen Regionen ist das anders. Dort spielt für den Golfurlauber die Angebotsvielfalt eine große Rolle. Er oder sie will während des Urlaubs viele verschiedene Plätze spielen können, die nach Möglichkeit über 18, 27 oder gar 36 Bahnen verfügen. "Und sie sollten nicht zu weit auseinander liegen", meint Dorsch weiter. 

 

Dass die kleinen 9-Loch-Anlagen auf Dauer auf dem Golfmarkt mithalten können, steht für ihn außer Frage.  Dorsch: "Es gibt für fast alles einen Markt, wenn die Lage, das Angebot, das Preis-Leistungs-Verhältnis und das Marketing aufeinander abgestimmt sind. Und öffentliches Golf nimmt im Gegensatz zum organisierten Golf in deutschen Clubs zahlenmäßig deutlich zu."

Fotos: Stephan Schöttl