Warum dem Golfsport die weibliche Seite fehlt

Während der Deutsche Golf-Verband in seiner neuesten Statistik unter dem Strich einen leichten Mitglieder-Zuwachs feiert, muss man in einer Zielgruppe erneut mit Verlusten umgehen: bei den Frauen. Die Zahl der Golferinnen ist in Deutschland ein weiteres Mal zurückgegangen. Auf inzwischen rund 237000. Zum Vergleich: Derzeit sind beim DGV fast doppelt so viele Männer registriert. Doch woran hakt es? Wir haben uns mit der Profi-Golferin Martina Eberl auf Spurensuche begeben.

Emanzipation war gestern. Junge Frauen wollen heutzutage Kinder und Karriere und sich nicht mehr zwischen beidem entscheiden müssen. Ist das der Grund, warum vor allem in den Altersklassen zwischen 21 und 40 Jahren die Aktiven fehlen? Nur knapp 24.000 der insgesamt rund 237.000 Golferinnen sind so alt, etwas mehr als zehn Prozent.

 

"Ich denke, es gibt mittlererweile ein riesen Spektrum an Hobbyaktivitäten für Frauen, die sie alleine oder mit ihrem Partner ausüben können. Frauen bekommen Kinder und sind allein deswegen im Alter von 30 bis 45 Jahren weniger in Golfclubs vertreten", sagt Martina Eberl.

 

Als sie ihre Golf-Akadmie im Münchner Golf Eschenried eröffnet hat, verfolgte sie zunächst die Idee, eine Kinderbetreuung anzubieten. Das einzige Kind dort war allerdings ihre große Tochter. Nach drei Monaten wurde der Service eingestellt. Mangels Nachfrage. Das Problem beginnt ihrer Meinung nach schon viel früher: im Jugendalter.

 

"Da gibt es für Mädchen weiterhin attraktivere Hobbys. Zum Beispiel Reiten oder Ballett. Das bremst den weiblichen Nachwuchs aus. Man kann es bei uns im Jugendtraining auch deutlich erkennen, dass die Jungs in einer riesen Überzahl sind."

 

Aber woran krankt es im System? Bieten die Golfclubs möglicherweise zu wenig für ihre weiblichen Mitglieder? Fühlt sich manche Frau vielleicht sogar von den männlichen Flightpartnern schlecht behandelt? Oder ist bei Frauen einfach die Hemmschwelle größer, einen Sport wie Golf zu beginnen? Wahrscheinlich ist es letztlich eine Mixtur aus allem. Jede Frau, die gar nicht erst mit dem Golfsport beginnt oder nach kurzer Zeit den Schläger wieder in die Ecke stellt, wird andere Gründe dafür haben. Fakt ist: Es gibt in den Klubs Damenmannschaften, extra Turniere für die Spielerinnen und selbst bei Turnieren werden sie nicht in Konkurrenz mit dem männlichen Geschlecht gewertet. Das sieht auch die Proette so. Sie betont noch einmal, dass es wohl vielmehr am neuen Selbstverständnis der Frau liegt:  

 

"Es spielt eine große Rolle, dass heutzutage die Frauen mehr arbeiten gehen als früher. Damals hatten viele Frauen mehr Zeit zum Golfen. Heute geht Job und Karriere vor. Und wenn dann irgendwann Kinder kommen, ist Golf auch eine schlechte Option."

Dabei sind Frauen in vielerlei Hinsicht die einfacheren Menschen auf dem Golfplatz. Das fängt schon beim Training an. Zumindest in körperlicher Hinsicht. Denn meistens sind Frauen zierlicher und damit auch beweglicher als Männer. Doch dann kommt das Mentale ins Spiel. Stimmt's, Frau Eberl?

 

"Männer machen sich keine großen Gedanken, akzeptieren, dass es nicht gleich funktioniert und üben weiter. Frauen bekommen leichter Panik, fühlen sich unsicher, haben Angst, dass sie sich blöd anstellen und es nie lernen werden."

Doch diese Angst ist unbegründet. Finde ich zumindest. Denn Frauen schwingen einfach viel schöner. Der große Unterschied zum Mann: Eine Frau spielt mit Gefühl, ein Mann mit Kraft. Ist das tatsächlich so?

 

"Das ist genauso wie die Behauptung, dass Frauen die schönere Schrift haben. Oft sieht man einen schönen Golfschwung von einer Frau, weil sie sich besser bewegen können und langsamer schwingen. Das sieht halt anders aus, als dann, wenn ein Mann mit 115 Meilen gegen den Ball schwingt. Aber wenn die Frauen schneller schwingen würden, wären sie genauso ungenau wie die Herren."

 

Also, Frauen dieser Welt, schnappt Euch einen Golfschläger und poliert die Statistik auf. Wir brauchen Euch. Golf ist  eine wunderbare Sache für jeden. Für Alt und Jung, für Mann, Frau und Kind. Frauen brauchen Bewegung, wollen nett miteinander ratschen und mit ihrer Familie etwas gemeinsam unternehmen können. Besser als beim Golf, geht das bei keinem Sport. Unstreicht auch Martina Eberl-Ellis.

 

"Ich wünsche mir sehr, dass beide meiner Töchter Gefallen am Golf bekommen. Nicht nur, weil es wunderbar wäre, mit ihnen später 18 Loch zu spielen, sondern, weil ich weiß, wie gut es für den Kopf und die Konzentration in der Schule und später im Leben ist. Noch dazu wüsste ich, dass sie gut aufgeräumt wären. Was als Mutter immer eine große Rolle spielt."

 

Und wie bekommen wir jetzt tatsächlich mehr Frauen dazu, den Schläger auf dem Platz zu schwingen? Eigentlich ist doch alles da: tolle Mode, gute Clubangebot, Turniere, ja sogar die passenden Getränke.

 

"Ich fände es gut, wenn Firmen und Krankenkassen Golf in ihr Programm aufnehmen würden. Sprich: Abteilungen gehen einmal in der Woche gemeinsam zum Üben. Und das wird von der Krankenkasse oder der Firma  bezahlt.  So sehe ich auch berufstätige Frauen mit dem Golf beginnen. Oder wir müssten eine vom Kaliber Steffi Graf produzieren, der jedes Mädchen nacheifern möchte."


Das ist Martina Eberl:

Bereits im Alter von sechs Jahren hat Martina Eberl zum ersten Mal einen Goflschläger in der Hand gehabt. Und sie war derart begeistert von der Sportart, dass sie wenig später ihr Hobby zum Beruf gemacht hat. Eberl legte eine steile Karriere als Amateur hin, inklusive Europameister- und Vizeweltmeistertitel. Danach ging es auf die Profi-Tour.  Nur knapp hat sie im Jahr 2008 eine Tourkarte für die LPGA Tour verpasst. Trotzdem war das mit zwei Siegen und dem dritten Rang der Europäischen Geldrangliste das erfolgreichste Jahr ihrer Profikarriere, die Eberl Ende 2012 beendet hat. Jetzt betreibt die 34-Jährige als Geschäftsführerin die Martina Eberl Golfakademie in München. Ihr umfangreiches Know-How gibt sie zudem als Jugendkoordinatorin an die nachfolgende Generation weiter.

Fotos: Schöttl (2), Eberl