Riesengaudi auf schneeweißen Grüns

Es gibt kaum etwas, was Golfenthusiasten mehr fürchten als den Winter. Die Fairways schneebedeckt, die Grüns gefroren, die Plätze monatelang geschlossen. Keine Wunder also, dass sich pfiffige Eventmanager und Hoteliers längst ein Alternativprogramm für diese Jahreszeit ausgedacht haben: Schneegolf. Die Bälle leuchten pink oder neongelb, die Grüns sind weiß. Man trägt dicke Winterjacken statt Poloshirts. Ein absoluter Experte in Sachen Schneegolf ist Adi Hengstberger. Er ist zweifacher Weltmeister und heute selbst Turnier-Veranstalter.

Während es für viele Golfer zwischen Oktober und März oft in wärmere Gefilde geht, nach Portugal, Südafrika oder Marokko, macht sich der 46-Jährige auf in die Alpen. Die Liebe für Berge und Schnee hat er freilich schon früh entdeckt. "Zum Weltmeistertitel im Schneegolfen bin ich dann gekommen, wie die Jungfrau zum Kind", meint Hengstberger lachend. Im Jahr 2007 hat er das Turnier gleich bei seiner ersten Teilnahme gewonnen, zwei Jahre später hat der den Triumph wiederholt. Aus 18 verschiedenen Nationen kommen die Aktiven. Doch die Besten sind keine Amerikaner, Schotten oder Iren. "Es sind die Männer aus den Bergen", sagt der Münchner. Sprich: Wer auf der eisigen Spielfläche erfolgreich sein will, sollte mit dem Element Schnee vertraut sein.

Historie reicht weit zurück

Die Geschichte des Schneegolfens ist nicht neu. Was heute ein Trendsport ist, hat eine lange Tradition. Schon im 17. Jahrhundert haben die Holländer auf zugefrorenen Kanälen gespielt. Als Erfinder gilt aber der britische Schriftsteller Rudyard Kipling. Er schrieb sein Werk "Das Dschungelbuch" Ende des 19. Jahrhunderts im kalten Neuengland - und entspannte sich mit Golftraining. Die Bälle malte Kipling, glaubt man den Erzählungen, mit roter Tinte an, um sie leichter wiederzufinden. Und wenn der Schnee zu hoch war, schnallte er sich Schneeschuhe unter.

 

Tiefes Profil statt Softspikes, das ist bei Weitem nicht der einzige Unterschiued zwischen dem Golfspiel im Grünen und dem in winterlich verschneiter Umgebung. "In der Kälte fliegen beispielsweise auch die Bälle kürzer", erklärt der Weltmeister. Hindernisse wie Bunker und Wasser gibt es nicht. Carts oder batteriebetriebene Trolleys sind auf Schnee ebenfalls nicht möglich. Daher gilt: Weniger ist beim Schneegolf mehr. So mancher packt gerade einmal drei, vier Eisen in sein Golfbag. Und: Bei jedem Schlag darf der Ball von speziellen Wintertees geschlagen werden. Selbst vom Fairway.

Fotos (3): Adi Hengstberger


Verzieht man allerdings seinen Abschlag zu weit nach links oder nach rechts, ist das Rough beim Schneegolf ganz besonders gemein. Im Tiefschnee versinkt der Ball. Suchen ist da oft zwecklos. Laut Reglement ist das dann seitliches Wasser, wenn auch gefrorenes. Immerhin liegt die Mindestvorgabe meist bei 36. Denn: Golfen im Schnee ist anspruchsvoll. "Anfänger sind da oft überfordert. Aber eine Riesengaudi ist es trotzdem immer wieder", sagt Hengstberger. Hin- und hergerissen ist der Oberbayer auf die Frage, ob ihm denn nun Golf im Sommer mehr Spaß mache oder im Winter. "Es hat beides seinen ganz besonderen Reiz", meint er. Dass Hengstberger auf Grüns genauso erfolgreich ist wie auf Whites zeigt sein Handicap: Der Werbekaufmann ist Singlehandicaper.

Der Kurs wird frisch gewalzt

In Deutschland gibt es so gut wie keine Möglichkeit, Schneegolf zu spielen. In Österreich schon eher, auch in Südtirol. Unumstrittene Hochburg ist aber die Schweiz. "Da wird dieser Sport hochprofessionell betrieben", sagt Hengstberger. Dort, auf weit über 1.000 Höhenmetern, gibt es quasi jeden Winter Schneegarantie. Das erleichtert die Planungen. "Denn ein Schneegolfplatz ist ganz schön aufwendig", erklärt er weiter. Meistens sind es Langlaufloipen, die mehrmals gewalzt werden. Die Grüns, in diesem Fall die Whites, werden extra vereist. Weil das Ganze so viel Arbeit macht, sind die Bahnen in der Regel kürzer als ein normaler Golfplatz. Neun Löcher werden präpariert. Par 3- und Par 4-Bahnen.

Saisonfinale in Südtirol

Seit einigen Jahren veranstaltet der zweifache Weltmeister selbst regelmäßig Turniere. Ein Standort ist der Robinson Club Schweizerhof in Vulpera. Der Ort im Engadin liegt auf fast 1.300 Metern Höhe. Von 28. bis 31. Januar 2016 ist es dort wieder soweit. Hengstberger ist optimistisch: "Wir hatten bislang immer tolle Verhältnisse und bestes Wetter."


Auch rund um Surlej bei St. Moritz gibt es in der Schweiz einen 9-Loch-Parcours mit 120 bis 180 Meter langen Bahnen. Im berühmten Wintersportort Gstaad wird ebenfalls seit einigen Jahren Schneegolf gespielt, auf dem Golfplatz von Wispile. Mitte März (10. bis 13. März 2016 im Hotel Schneeberg) geht es für Hengstberger dann zum Saisonfinale nach Südtirol. Im Ridnauntal bei Sterzing wird auf den bestens präparierten Loipen des italienischen Biathlon-Leistungszentrums gespielt. Hengstberger: "Die Bedingungen sind traumhaft." Dort wird dann auch wieder gemeinsam gefeiert. Denn, so erzählt der Turnier-Chef, "die Schneegolfer sind eine große Familie".