Den Rhythmus im Blut

Völlig entspannt steht Sergio Garcia auf der Driving Range, schlägt einen Ball nach dem anderen kerzengerade ans andere Ende des Übungsgeländes. Fast wie eine Maschine. Eisen 3, Fairwayholz, Driver. Der Schwung des spanischen Profi-Golfers sieht dabei so locker und leicht aus, der Rhythmus so natürlich. Ich bin als Gast einer exklusiven Golfclinic dabei. Und staune, und staune, und staune. Die Begegnung in München-Eichenried ist jetzt schon fast vier Jahre her. Aber Garcias Tipps und Tricks helfen mir noch heute.

Die alles entscheidende Frage: Kann man einen solchen Rythmus lernen? „Das kann man niemandem beibringen. Das ist ein Gefühl tief aus dem Inneren des Körpers, mein ganz spezieller Rhythmus“, sagt Garcia. Bamm! Das hat gesessen. Es klingt fast so, als wollte der Spanier eigentlich sagen: "Das können nur wir Südländer. Ihr steifen Mitteleuropäer habt das nicht drauf. Das ist wie beim Tanzen." Jeder müsse dieses Gefühl, diesen Rhythmus für sich alleine entdecken und dabei vor allem auf die innere Balance achten. Viele Amateure, meint Garcia, würden sich am Abschlag zu viele Gedanken machen und seien dadurch zu verkrampft. Sein Tipp: „Machen Sie sich nicht zu viele unnötige Gedanken! Stellen Sie sich einfach an den Abschlag und denken Sie dabei nicht an den richtigen Stand oder die richtige Schlägerhaltung, sondern verlassen Sie sich einfach auf Ihr ganz eigenes Gefühl.“

Mit einem Besen versuchte Garcia schon als Zweijähriger den Schwung seines Vaters Victor nachzuahmen, der ebenfalls Golfprofi war. „Er hat mich auf jeden Fall sehr geprägt“, erzählt der Spanier. Seine ersten Golfschläger bekam er schließlich mit drei Jahren. Und weil er als Kind häufig alleine spielte, brachte er sich sein außergewöhnliches Gefühl für Schläger und Ball selbst bei. Sein Schwung, gibt er zu, habe dabei aber nie ausgesehen wie aus dem Lehrbuch. Er habe vielmehr ständig experimentiert und sich auch nie bemüht, einer bestimmten Technik zu folgen. „Viele Golfer arbeiten heute ständig daran, ihren Schwung zu perfektionieren“, meint er. Sein ganz persönliches Erfolgsrezept sei die Unbekümmertheit. Schließlich sei es völlig unbedeutend, „ob der Schwung gut aussieht oder nicht.“ Diese Einstellung sei auch für jeden Amateur einfach umzusetzen.

 

Rückblickend muss ich sagen: Er hat recht! Seit meinem Treffen mit dem Musterprofi denke ich immer wieder an seine Worte, spiele dadurch weniger verkrampft und unter dem Strich auch erfolgreicher.

Lieblingsschläger: Driver

Auf die Frage nach seinem Lieblingsschläger muss Garcia nicht lange überlegen: der Driver. „Ich mag es sehr gerne, die Bälle anzuschneiden und spektakuläre Schläge zu machen“, erzählt er – und demonstriert es gleich. Beispielsweise mit einem Fade, das Ziel zuvor zentimetergenau angesagt. So wie etwa bei der PGA Championship in Medinah 1999, als Garcia einen Fade – damals allerdings mit dem 6er-Eisen – um einen Baum aus rund 190 Metern blind aufs Grün gespielt hatte. „Wenn man mit viel Selbstvertrauen abschlägt, ist das eigentlich ganz einfach“, meint er weiter. Ich muss dabei schmunzeln und erinnere mich in diesem Moment an den letzten eigenen missglückten Abschlag. Wenn das doch alles tatsächlich so einfach wäre. Aber der Driver oder die langen Eisen gelten eben nicht umsonst als größte Stärke Garcias.

Nur kurz aufgeteet

Was besonders auffällt: Garcia teet den Ball dabei nur wenig auf. Ganz im Gegensatz zu den meisten Hobbygolfern. Das ist auch dem Spanier bewusst, der mit Daumen und Zeigefinger ganz demonstrativ eine Spanne von gut zehn Zentimetern andeutet. Doch dafür gebe es keine Regel. „Da muss jeder für sich selbst die optimale Höhe herausfinden“, sagt er. Mein Nachbar im Zuschauerraum will daraufhin wissen, warum er mit dem Driver keine sonderlich hohe Flugbahn des Balles hinbekomme. Der Profi antwortet darauf grinsend: „Kaufen Sie sich doch einfach einen Driver mit größerem Loft.“

Fotos: Stephan Schöttl