Robogolf: Schwingen wie von Geisterhand

Normalerweise baut die isel AG unter anderem Komponenten für Pfandrückgabeautomaten. Doch dieses Produkt ist der Traum aller Männer: ein Golfroboter. Stückpreis: rund 150.000 US-Dollar. Bei meinem Besuch im Engadin Golf Club bei St. Moritz habe ich mir einen solchen Roboter aus der Nähe angesehen und mich an Thomas Voellinger erinnert. Er ist Bereichsleiter Robotik bei der isel AG und erklärt im Interview, warum die Golfpros landauf, landab trotz der komplexen Maschine nicht um ihre Jobs bangen müssen.

Die isel AG beschäftigt sich normalerweise mit Pfandrückgabeautomaten wie sie in Supermärkten stehen. Wie kommt man da auf die Idee, einen Golfroboter zu bauen?

 

Thomas Voellinger: Die isel Germany AG entwickelt, produziert und vertreibt seit mehr als drei Jahrzehnten computergesteuerte Komponenten- und Maschinenlösungen für die Automatisierungstechnik. Der Bereich Robotik, in dem komplexe und hochtechnisierte Kinematiken entstehen, ist im Jahr 2000 hinzugekommen. Die Idee zum Golfroboter kam von Professor Erik Grädener und dessen Freund und Golflehrer Sascha Orlic. Ohne diese beiden Pioniere gäbe es den Golfroboter heute nicht.

 

Der Roboter sieht auf den ersten Blick sehr, sehr komplex aus....

 

Thomas Voellinger: Stimmt. Es ist aber mathematisch relativ einfach zu handhaben. Um die Bewegungsfreiheit des Golfschlägers am Roboter zu gewährleisten, müssen sechs einzelne Achsen durch Gestänge miteinander verbunden werden. Das wird zum Beispiel auch bei Flugsimulatoren praktiziert. Die Umsetzung von der Idee zum Serienprodukt war um einiges komplexer, inzwischen ist die Produktion der Golfroboter für uns reine Routine.

"Richtig und schnell zu lernen, ist unbezahlbar"

Wie lange bastelt man an einem solchen Produkt?

 

Thomas Voellinger: Der erste Prototyp wurde vor zehn Jahren von Professor Grädener in Berlin aufgebaut und war bereits zwei Jahre nach der Idee funktionsfähig. Die Ingenieure von Isel waren hochmotiviert, da ein maschinenbauuntypisches Produkt aus der Sportgeräte-Branche zu realisieren war. Bis zum heutigen Serienprodukt folgten weitere Prototypen, die in puncto Funktionalität, Handhabung, Zuverlässigkeit und Effizienz auf verschiedenen Golfplätzen in Deutschland unter realistischen Bedingungen auf den Prüfstand kamen. Dieses Feedback half uns enorm. So wurde der Golfroboter 2013 als Serienprodukt auf dem Markt eingeführt.

 

Könnte ich mir theoretisch ein solches Gerät kaufen, in den Keller stellen und mir damit den Gang zum Pro sparen?

 

Thomas Voellinger: Kein Pro kann den Schläger so präzise führen wie der Golfroboter. Allerdings führt der Golfroboter nur das aus, was zuvor eingestellt wurde. Dabei können selbst kleinste Nuancen eines Schwunges in allen Bewegungsachsen angepasst werden, sodass der optimale Schwung für den jeweiligen Golfer ausgeführt wird. Es sind bereits verschiedene Grundschwünge im Anwendungsprogramm als Datei hinterlegt. Selbst individuelle Schwünge von prominenten Golfern wie zum Beispiel von Tiger Woods können geladen und ausgeführt werden. Ganz ohne Pros geht es aber nicht. Das war auch nicht der Grundgedanke bei der Entwicklung des Golfroboters. Vielmehr geht es darum, ein möglichst effizientes Trainingskonzept zu entwickeln und dem Profi ein Gerät an die Hand zu geben, das den optimalen Bewegungsablauf direkt and den Spieler übermittelt. Durch mehrmaliges Wiederholen des perfekten Bewegungsablaufes beim Schwung schleift sich diese Bewegung ein und kann vom Golfer viel einfacher und präziser beim Schwung ohne Roboter umgesetzt werden.

 

Also sind die Trainerstunden unter dem Strich doch günstiger?

 

Thomas Voellinger: Ich denke, das ist sowohl vom Trainer als auch von der Lernkurve des Golfers abhängig (lacht). Man muss das in der richtigen Relation betrachten. Kein Freizeitgolfer wird mit dem Gedanken spielen, sich ein solches Profigerät anzuschaffen. In einem Golfclub mal ein paar Trainingsstunden am Roboter zu buchen ist allerdings erschwinglich und immer ein beindruckendes Erlebnis. Richtig und schnell zu lernen ist doch eigentlich unbezahlbar.



Wer sind denn die typischen Abnehmer eines solchen Golfroboters?

Thomas Voellinger: Die Kunden sind die führende Golfakademien sowie Lern- und Forschungsinstitute wie zum Beispiel Pebble Beach Golf Academy, Boccieri Golf oder Topswing Trainingscenter. Seit 2013 ist der Pro Golf Instructor Scot W.R. Nei unser Kunde, der die Golfroboter als Paket unter dem Namen RoboGolfPro weltweit über die USA vertreibt.

 

Wie viele Geräte wurden bereits an den Mann gebracht?

Thomas Voellinger: Derzeit sind 20 Roboter in den USA und in Kanada im Einsatz. Jeweils ein Roboter ist in der Schweiz in St.Moritz und in Berlin installiert. Die Nachfrage wird immer größer.

 

Haben Sie schon versucht, Ihren eigenen Schwung mithilfe des Roboters umzustellen?   

Thomas Voellinger: Ich muss gestehen, dass ich noch kein Golfer bin. Da ich aber bei der Entwicklung des Roboters beteiligt war, gab es bereits einige Berührungspunkte mit dem Golfsport. Die Faszination ist für mich absolut nachvollziehbar. Bis jetzt habe ich mich jedoch auf diesem Gebiet ausschließlich mit der technischen Umsetzung des Golfroboters auseinandergesetzt. Noch.    

Fotos: Stephan Schöttl, isel Germany AG