Und das ist alles nur in Deinem Kopf!

Die einen wollen ihr erstes Turnier spielen, die anderen wollen endlich eines gewinnen. Die einen schließen Wetten ab, die anderen schauen gar nicht auf das Handicap. Die Zielsetzungen vor einer Golfsaison sind oft grundverschieden. Und damit auch der Grad der Enttäuschung am Ende einer Spielzeit. Bei mir ist es mehr Unzufriedenheit. Denn mein Ziel, mich weiter zu verbessern, habe ich grundsätzlich erreicht. Mehr nicht. Denn ich habe so viele Möglichkeiten ausgelassen. Putts vorbeigeschoben, Chips verhackt oder Abschläge verhauen. Gut, dass es Andrea Bandorfer gibt.

Es ist ein bisschen wie auf der Couch. Der berühmt-berüchtigten. Denn Andrea Bandorfer sagt: „Der erfolgreiche Weg zu gutem Golf beginnt im Kopf.“ Die Münchnerin ist Mental-Coach und bietet unter anderem Hypnose für Sportler an. Aber sie kennt auch die andere Seite. Die der Aktiven. Denn Bandorfer spielt selbst begeistert Golf, ist ausgebildete Trainerin mit C-Lizenz und befindet sich aktuell in einer Ausbildung zum Fully Qualified Professional der PGA of Germany. Ich habe mich also auf die imaginäre Couch von Andrea Bandorfer begeben. Weil ich unter dem Strich eben nicht zufrieden bin mit meiner ganz persönlichen Golfsaison 2015. Ich bin als leidenschaftlicher Sportler nämlich immer noch mit einer Portion Ehrgeiz ausgestattet. Diese Portion ist manchmal zu groß und bremst.


Aber vom Anfang einer Golf-Beichte zurück zum Mental-Coaching. Ich habe also Rat gesucht bei Andrea Bandorfer. Das Protokoll eines klärenden Gesprächs.

Ich bin also mit Handicap 26,2 in diese Saison gestartet – und wollte insgeheim die 20 knacken. Jetzt bin ich bei knapp 23 hängengeblieben. Was habe ich denn falsch gemacht?

 

Andrea Bandorfer: Die Frage ist vielleicht zunächst: Wie viel hast Du trainiert? Was hast Du trainiert? Wo wolltest Du die Schläge einsparen? Das heißt, war Dein HCP Ziel realistisch? Gab es Zwischenziele? Gab es eine Planung, die aus der Zielsetzung resultierte? Sagen wir es mal so, wenn Du das HCP um sechs Punkte verbessern möchtest, dabei aber nur einmal die Woche spielen gehst, nur drei Turniere gespielt hast und keinen Trainer hattest, der Dich technisch und taktisch berät – dann wird auch ein Mentaltraining wenig helfen. Wenn Du aber in allen Privatrunden super gespielt hast und in vielen Turnieren versagt hast, dann hätte Mentaltraining sicher das Ergebnis beeinflussen können. Grundsätzlich ist das Ziel „Ich verbessere mein HCP von da nach da...“ aber viel zu ungenau.


Was sollte ich denn stattdessen tun?

 

Andrea Bandorfer: Handlungsziele setzen, keine Ergebnisziele. Ergebnisziele wie Handicap oder Score machen meistens unzufrieden, weil sie sich oft unseres Einflusses entziehen. Handlungsziele haben wir selbst in der Hand. Und damit dann auch den Erfolg!

Ich merke so langsam: Ich habe eigentlich gar nicht so viel falsch gemacht. Vor der Saison habe ich mir vorgenommen, mindestens jeden Monat ein Turnier zu spielen und so oft wie möglich raus auf den Platz zu gehen. Das hat geklappt. Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt und eine Menge Spaß gehabt. Aber …

 

Andrea Bandorfer:  wenn Du Dir dazu noch vornimmst: Nächste Saison erarbeite ich mit meinem Trainer ein Konzept, wo ich die meisten Schläge sparen könnte, trainiere das dreimal die Woche und an meiner Turniernervosität arbeite ich mit einem Coach, dann sollte sich am Ende als Nebeneffekt das Handicap auf jeden Fall verbessert haben! 

 

Ach ja, ich erinnere mich auch noch an diverse Wetten, die in unserem Klub geschlossen worden. Da ging es um Wochenend-Kurztrips, um Essenseinladungen und Literweise Bier. Welchen mentalen Trick muss ich anwenden, um eine solche Wette zu gewinnen?

 

Andrea Bandorfer:  Den Trick gibt es leider nicht. Ich denke der Trick ist: arbeiten und trainieren, mental und technisch. Golfer, die unter Wettkampfbedingungen zur Höchstform auflaufen, den Druck richtig brauchen, werden sich mit Wetten helfen, weil sie das antreibt. Die anderen, die unter Druck einknicken,  tun sich keinen großen Gefallen.

 

Und wenn der Mental-Coach selbst auf die Runde geht, was ist dann die positivste und wichtigste Eigenschaft, um ein gutes Ergebnis nach Hause zu bringen? Abgesehen von guter Technik und entsprechendem Training?

 

Andrea Bandorfer: Die Ruhe zu bewahren, geduldig zu bleiben und eine Aufgabe nach der anderen zu lösen. Letztlich bedeutet es: Achtsam sein, den Augenblick zu erleben und zu genießen. Die Balance zwischen Konzentration und Entspannung zu halten und Spaß zu haben! Der Score sollte Nebensache sein.

Mehr Entspannung = mehr Spaß

Da fällt mir zum Abschluss noch der kürzeste Golferwitz ein: „Ich kann’s!“ Was ist denn das große Geheimnis, um erfolgreich Golf zu spielen? Oder gibt es am Ende gar kein Erfolgsgeheimnis?

 

Andrea Bandorfer: Die erste Frage, die sich mir stellt: Was meinst Du mit erfolgreich? Je weniger Schläge ich auf einem Kurs brauche, desto erfolgreicher habe ich den Platz bezwungen. Das ist die sachliche Ebene. Je entspannter und lustiger es auf der Runde zugegangen ist, desto mehr Spaß hatte ich. Das meinen andere mit erfolgreich. Je näher ich an mein Ziel, an meine Motivation gekommen bin, desto erfolgreicher war ich. Womit wir wieder beim Thema Ziele sind. Damit steht und fällt alles!

 

Ich bin begeistert. Spaß, das ist genau das, was den Golfsport ausmacht. Spaß auf der Runde. Spaß mit den Freunden. Spaß am Spiel. Damit trifft Andrea Bandorfer genau den Nerv dieses Blogs. Denn wie sagte schon Lee Travino, eine der schillerndsten Figuren des Golfsports: „Golf ist der größte Spaß, den man mit angezogenen Hosen haben kann." Recht hat er!

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