Mein Blind Date auf dem Golfplatz

Auf dem Golfplatz habe ich in den 15 Jahren, die ich jetzt bereits spiele, schon einiges erlebt. Kauzige Mitspieler, peinliche Regelpolizisten, Ping-Pong mit den Bäumen am Fairwayrand, überflutete Bunker und und und. Eigentlich könnte man damit schon das erste Buch füllen. Die lustigen Golf-Geschichten des Stephan S. - oder so änhlich. Jetzt kam ein weiteres Erlebnis dazu. Denn beim Jubiläum zum 125-jährigen Bestehen des Engadin Golfclubs in St. Moritz hatte ich quasi mein erstes Blind Date auf dem Platz.

Wie es dazu kam? Die Verantwortlichen des Golfclubs wollten zum Jubiläum noch einmal genau so spielen wie vor 125 Jahren beim damals allerersten Turnier auf dem 18-Loch-Platz in Samedan, gleich bei St. Moritz im wunderschönen Engadiner Alpenland. Wie sie damals gespielt haben, kann man heute eigentlich nur noch erahnen. Wenn man zum Beispiel die Chronik des Golfclubs liest. Da heißt es: "[...] wurde um die Auszeichnung im gemischten Vierer-Handicap gespielt." In die heutige Zeit übersetzt, spielte man Mixed Foursome, immer eine Dame zusammen mit einem Herren. Ich war vom Engadin Golf Club eingeladen und hatte mit auf den Weg bekommen, dass mir für das Turnier eine Partnerin zugeteilt werde. Spannend! Denn ich habe schnell gemerkt: Bei diesem Mixed Foursome kommt es schon ein wenig auf die Taktik an. Eine Taktik, die man im Optimalfall auf der gemeinsamen Proberunde austüftelt.

Treffpunkt: Zehn Minuten vor Kanonenstart

Gespielt wird mit einem gemeinsamen Ball, geschlagen abwechselnd. Und abgeschlagen eben auch. Der eine bringt die Kugel an den geraden Bahnen ins Spiel, der andere an den ungeraden. Aber was macht man, wenn man nichts von Stärken und Schwächen seines Partners weiß und zu allem Überfluss auch noch nicht einmal den Platz ordentlich kennt? Zugegeben: Ein bisschen nervös war ich vor diesem Tag schon. Zehn Minuten vor Kanonenstart - übrigens frühmorgens um 7 Uhr, pünktlich zu dem Moment, an dem die Sonne zum ersten Mal über die Bergspitzen blitzte - habe ich Cornelia (so hieß meine Mixed-Partnerin) schließlich getroffen. Die Frage nach der richtigen Taktik hatte sich schnell erledigt. Wir hatten uns darauf geeinigt, vor allem drei Dinge haben zu wollen: Spaß, Spaß und Spaß! Ja, den hatten wir tatsächlich. Auch wenn anfangs noch ein bisschen Sand im Getriebe war. Apropos Sand: Das ist eine der großen Herausforderungen beim Mixed Foursome. Denn irgendwie ist man halt doch sehr von seinem Partner abhängig, kommt daher auch aus Lagen ins Spiel, die man von seiner eigenen Runde kaum kennt. Aus dem Bunker, aus ungewohnten Entfernungen und - sorry, Cornelia :) - auch aus und unter dem Gebüsch heraus.

 

Gegen Ende sind wir dann richtig in Fahrt gekommen. Weil wir dann halt auch eingespielt aufeinander waren. Mit 93 Schlägen Brutto und 75 Netto, also streng genommen gemessen an unserer Spielstärke drei Schläge über Par, haben wir das Turnier beendet. Auf Platz 30 von insgesamt 129 Paarungen. Was in dieser Spielform aber möglich ist, hat das Sieger-Paar eindrucksvoll bewiesen: Mit 61 Netto-Schlägen, elf unter Par, gewannen die beiden. Sie haben wohl ihre Stärken perfekt kombiniert.

Eine tolle Spielform

Die großen Unterschiede zum ersten Turnier vor 125 Jahren waren freilich das Equipment und die Golfmode. Wir haben nicht mehr mit dem Guttapercha-Ball gespielt, der damals aus einem kautschukähnlichen Material gefertigt worden ist, sondern mit top entwickelten 4-Piece-Bällen. Wir hatten keine Holzschläger, sondern solche aus leichten und elastischen Metallen. Und wir haben - bis auf einige lobens- und sehenswerte Ausnahmen - weder Karohose noch Kniestrümpfe getragen, sondern atmungsaktive Sportkleidung. Die sportliche Herausforderung war aber wohl die gleiche. Ich habe im Engadin zum ersten Mal Mixed Foursome gespielt und ich mag diese Variante. Sie ist vor allem gesellig und eben auch ein kleines bisschen knifflig.

 

Gefeiert wurde dann auch noch ordentlich. Eigentlich den ganzen Tag. Erst auf der Terrasse des Klubhauses, abends festlich elegant im legendären Ballsaal des Badrutt's Palace in St. Moritz. Kein Zufall. Denn Caspar Badrutt gilt als Pionier des Golfsports im Engadin. Und so schloss sich wunderbar der Kreis von 1893 zum Sommer 2018.

Impressionen aus dem Engadin