Der schwarze Peter

Kennst Du noch den "Schwarzen Peter"? Dieses Kartenspiel aus der Kindheit, bei dem es darum ging, am Ende möglichst nicht die Karte mit dem Schornsteinfeger auf der Hand zu haben. Das war gleichbedeutend mit der Niederlage. Neulich ist mir bei einem Golfturnier dieses Spiel wieder in den Sinn gekommen. Weil wir in unserem Flight quasi den schwarzen Peter des Turniers hatten. Einen Mitspieler, der auf einen Schlag einen ganzen Golftag vermiesen kann.

Dabei hat alles so schön begonnen. Der erste richtig heiße Frühlingstag des Jahres, ein paar gute Probeschläge auf der Driving Range, ein bestens präparierter Golfplatz - und drei vermeintlich lustige Flightpartner. Um es schon an dieser Stelle vorweg zu nehmen: Wir waren auf dem Weg zum 18. Grün nur noch zu dritt unterwegs, der vierte Mann hatte es vorgezogen, das Loch auf der parallel verlaufenden Spielbahn in entgegengesetzter Richtung alleine zu Ende zu spielen. Ohne uns.

Der typische Golfer-Smalltalk

Anfangs war da noch diese lockere Unterhaltung. Der typische Golfer-Smalltalk. Über die letzten Runden, den jüngsten Golf-Urlaub, die Familie und den Beruf. Dann spitzte sich die Sache immer mehr zu. Erst hat er, ich nenne ihn an dieser Stelle mal Sepp, versucht, die Golfer auf den anderen Bahnen zu belehren. Im selbstbewussten Glauben,  der regelsicherste Mann weit und breit zu sein. Dann begann die große Hetzerei. Unsere rüstige Senioren im Flight wurde angetrieben, die Putts so schnell wie möglich fertig zu spielen, am besten die Kugel nach dem sechsten Versuch gleich aufzuheben. Trotz des Wissens, dass es bei einem Turnier mit über 100 Teilnehmern schon einmal zu längeren Wartezeiten kommen kann. Gibt ja sowieso keinen Punkt mehr. Nach meinem Einwand, ich sei doch hier, um Spaß in meiner Freizeit zu haben, und lasse mich daher nicht von ihm über den Platz jagen, plusterte Sepp sich vor mir auf, um mir, die Hände in die Hüfte gestemmt, deutlich zu machen: "Ich spiele bestimmt schon ein bisschen länger Golf als Du." Überraschenderweise war es der letzte Satz, den wir in den restlichen drei Stunden miteinander gesprochen haben. Und dann standen wir am nächsten Abschlag und warteten, bis der Flight vor uns den Weg frei macht. Bestimmt fünf Minuten lang. Umsonst gehetzt.

Wege zum Glück

Während ich mich von diesen Querelen nicht beeindrucken ließ, war für unsere Flight-Omi und meinen weiteren Mitspieler der Golf-Tag gelaufen. Sie fühlte sich getrieben, er regte sich furchtbar über Sepp und dessen Geschwätz auf, lief mit hängendem Kopf und ständig hadernd über das Fairway. Der Schwung war dahin, die gute Stimmung auch. So schnell kann ein einziger Golfer also einen ganzen Flight crashen. Klar, Ärger gehört mittlerweile zum Alltag wie die Tasse zum Tee. Doch wie übersteht man eine solche Situation schadlos? Das sind meine drei Tipps, die funktionieren. Auch wenn der eine oder andere komisch klingen mag:

  • Einfach lächeln. Lächelnd zum nächsten Abschlag gehen. Lächelnd über den Golfplatz laufen. Lächelnd die Kugel im Loch versenken. Das hat sogar einen biochemischen Ansatz. Denn durch Frust und Ärger wird Adrenalin im Körper ausgestoßen. Wichtig ist aber auf der Runde Konzentration. Und dafür braucht man den Stresskiller Endorphin. Der wiederum wird produziert, wenn man lacht oder lächelt. Es reicht übrigens schon, wenn man für einige Sekunden einfach nur so tut, als würde man lachen. Also: Mundwinkel nach oben ziehen und ruhig bleiben.
  • Wie wäre es mit singen oder pfeifen? Dafür mag es jetzt vielleicht keinen tiefenpsychologischen Ansatz geben, es hilft aber trotzdem. Suche Dir eine Melodie und singe sie innerlich vor Dich hin. Das beruhigt und lenkt vom Ärger ab. Habe ich auch schon ausprobiert, wenn ich beispielsweise mit meinem Spiel unzufrieden war. Klingt komisch, ist aber so.
  • Positive Gedanken. Aber nicht auf das eigene Spiel bezogen. Nein, positive Gedanken für den Mitspieler, den Du eigentlich gerade am liebsten an Ort und Stelle in den Boden stampfen würdest. Wünsche demjenigen, den Du nicht leiden kannst, nur Gutes. Warum? Ganz einfach: Es ist gut für Dich. Denn, wenn in meinem konkreten Fall Sepp einen kurzen Putt macht, wünsche ich ihm, dass der Ball reingeht. Wenn er einlocht, ist alles gut. Schiebt er die Kugel vorbei, ist es auch nicht schlimm. Zumindest für mich. Wenn ich allerdings hoffe, dass er das Loch verfehlt und dann doch trifft, ärgere ich mich noch viel, viel mehr.

Sepp scheint übrigens sein ganzes Leben unter Zeitdruck zu stehen: Sein Weißbier auf der Terrasse des Clubhauses leerte er in zwei, drei Zügen. Und mit dem letzten Schluck war er schon wieder auf dem Sprung.

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